Chapter 13 – From Georgia to Turkey and the long way back to the Waterhole

Diese Nacht soll die letzte Nacht in Georgien sein und die wollen wir in Batumi verbringen. Schließlich will ich noch in die Metalkneipe, die wir vom Hinweg her kennen. Dort lief Guns’n Roses, wenn ich mich recht entsinne und es wurde mittags schon Bier getrunken vor dem Lokal, auf dem Bürgersteig. So etwas finde ich sehr sympathisch und einladend. Wir parken dieses Mal allerdings nicht auf dem Parkplatz auf dem wir das erste Mal standen, sondern am Hafen. Dort ist irrsinnig viel Platz und es kostet wenig Geld. Von der Lage ist es sogar fast noch besser, denn die beiden Kneipen, in die wir gehen wollen, die wir im Internet schon gefunden haben, sind nur wenige Gehminuten vom Platz entfernt. Und die Aussicht auf die Hochhäuser um uns herum kann sich sehen lassen. Dazu kommt das Hafenflair und das Rauschen des Wassers, bei dem man so gut einschlafen kann.

Sehr spezielle Gebäude hier in Batumi…

Die Metalkneipe vom letzten Mal habe ich allerdings noch nicht im Internet gefunden, aber das ist erstmal nebensächlich. Wir sind froh angekommen zu sein und freuen uns auf einen schönen letzten Abend in dieser modernen georgischen Stadt, um einen fantastischen Aufenthalt von ca. drei Wochen in einem aufregenden, wundervollen und beeindruckenden Land zu beschließen. Ich habe Lust auf Ausgehen und zwei Adressen parat, in der ersten Bar ist für heute sogar Livemusik angesagt.

Wir haben etwas Schwierigkeiten die Bar zu finden, denn wie sich herausstellt hat der Besitzer gewechselt. Sie hat gerade erst unter neuem Namen an derselben Adresse aufgemacht. Wir gehen rein und bestellen uns zwei Bier. Häufig machen wir es so, dass wir uns zwei verschiedene Sorten Bier bestellen, um mehr Vielfalt zu haben. Wir testen dann welches von beiden besser schmeckt. Der Laden ist ziemlich klein und es sind noch nicht viele Leute da, überwiegend wohl der eigene Freundeskreis des neuen Barbetreibers. Wir gehen in den vorderen Bereich wo die Band spielt und hören eine Weile zu. Die Rock Bar, die es mal gewesen sein soll, ist es nicht mehr. Die Band ist ganz nett, aber nicht so unser Ding. Also beschließen wir nach nur einem Bier zu gehen.

Gemütlich?….naja….speziell?…ja

Die zweite Adresse ist nicht weit von hier und wir finden den Laden auf Anhieb. Adgili heißt er. Hier gefällt es mir viel besser, es geht eine kleine Treppe hinunter und alles ist schummrig rot beleuchtet. Alternative laute Rockmusik dröhnt aus den Boxen, etwas 80er Style meine ich auf den ersten Eindruck herauszuhören, obwohl ich den Song nicht kenne. Wir bestellen zwei Bier und gehen dann durch die Bar in das Hinterzimmer. Der DJ ist durch ein Gitter von der tanzenden Meute geschützt, aber heute ist nicht viel los, so dass er nicht ständig an seinem Pult stehen muss. Es gibt Sofas und Sessel und verschiedene Sitzecken. Hin und wieder tanzen Leute auf der kleinen Tanzfläche. Wir haben uns für ein bequemes Sofa entschieden, wo wir eine gute Übersicht über die kleine Location haben. Wir orientieren uns und beobachten erst mal eine Weile die anderen Gäste. Das Publikum ist jung und eher der Punk- und Gothicszene zuzuordnen. Was ich als sehr wohltuend empfinde, obwohl ich mich mehr der Metal- und Hardcore Szene zuordne.

Hier genehmigen wir uns auf jeden Fall noch ein zweites Bier und auch noch ein Drittes. Die Musik ist insgesamt gut bis sehr gut und wir unterhalten uns anfangs auch relativ angeregt über das was wir so alles hinter uns haben und auch über das was als Nächstes kommen soll. Das ist zunächst mal der Grenzübertritt in die Türkei. Der sollte ohne Problem und große Hürden gelingen. Und dann wollen wir dem Winter ein weiteres Mal entkommen und runter in den Süden der Türkei fahren, zum Dragon Camp. Da sind unsere Schweizer Freunde vom Orange Landrover Team drei Wochen geblieben, weil es dort so schön war.

Wir reden über Dies und Das, aber leider sind wir auch immer mal mit unseren Handys beschäftigt. Dann will Jutta mir gerade was erzählen, als ich einen Post mache und um etwas Geduld bitte. Dann bin ich soweit und Jutta ist nun aber mit ihrem Mobilphone beschäftigt und irgendwie fangen wir an zu Streiten, weil erst der Eine nicht konnte und dann der Andere nicht und im Übrigen habe ich noch immer nicht raus gefunden, wo denn eigentlich die Metalkneipe ist, in die ich ursprünglich gehen wollte. Wir fangen an zu debattieren wer denn nun Schuld sei und Jutta hat letztendlich keine Lust mehr. Schon gar nicht darauf, sich auf die Suche nach der anderen Metalkneipe zu machen und will nach Hause. „Na gut!“ sage ich „dann bringe ich dich eben nach Hause und suche noch die Metalkneipe. Gesagt, getan.

Back to LEMMY

Ich begleite Jutta zurück auf unseren Parkplatz am Hafen und mache mich erneut, aber alleine auf den Weg um die Kneipe zu suchen. Viel Chancen rechne ich mir ehrlich gesagt nicht aus, aber ich will noch mal los.

Bevor ich mich allerdings auf die hoffnungslose Suche begebe, kehre ich noch mal ein in die abgerockte Kellerkaschemme. Dann muss ich mich wenigstens nicht durstig auf Entdeckungstour begeben. Ein paar Leute sind mittlerweile dazu gekommen und auf der Tanzfläche ist auch hin und wieder was los. Ich beobachte und trinke, bis ich denke: „Wenn du jetzt nicht los gehst, dann versackst du hier die ganze Nacht.“ Also marschiere ich die Treppe nach oben und überlege mir die Strategie die Straßen S-förmig abzulaufen, wenigstens die ersten vier parallel verlaufenden Straßen. Keine laute Musik zu hören, keine Kneipe zu sehen. Aber ich habe einen großartigen Spaziergang, bin fast alleine unterwegs auf einsamen und unvertrauten Wegen. Ich mache tolle Fotos in einer fremden Stadt, in der die meisten Menschen bereits schlafen. Dort sehe ich einen goldenen Löwen. Nein, einen Hund oder was soll das für ein Tier sein? Ich weiß es nicht. Dann sehe ich eine weiße Kaffeetasse größer als das weiße Auto daneben.

To big for takeaway
Siehst du sie auch?

Und dort zwei Balkone, die mich an Waldorf und Stettler erinnern, aus der Muppetsshow. Die beiden alten Opas haben einen Logenplatz und lästern über Alles und Jeden und die Balkone, die ich sehe, darauf könnten sie sitzen. Aber eigentlich könnten die Balkone sogar Waldorf und Stettler sein. Eine gewisse Ähnlichkeit kann ich erkennen. Aber da inzwischen wahrscheinlich nur ich so etwas sehe, entschließe ich mich, mich auf den Rückweg zu machen. Die Kneipe habe ich mir längst abgeschminkt. Zufrieden kehre ich zurück und versuche mich (so leise wie möglich und ohne Jutta zu wecken) bettfertig zu machen.

Bis zur Grenze ist es nur einen Katzensprung und bis auf eine Kleinigkeit haben wir auch an alles gedacht. Aber eben nicht an diese eine Kleinigkeit. In Hopa mussten wir eine Autohaftpflichtversicherung für Georgien abschließen. Das wussten wir und das haben wir auch gemacht. Denn unsere deutsche Versicherung wird nicht akzeptiert in diesem Land. Es gab ja diese Odyssee mit dem PCR Test für die Einreise nach Georgien und meinen fehlenden bzw. falschen Testunterlagen im Office von Turkish Airlines und bis alles korrigiert war, hat es echt gedauert. Deshalb ist uns wahrscheinlich gar nicht mehr aufgefallen, dass wir die Versicherung nur für zwei, statt für drei Wochen abgeschlossen haben.

Verdammt, was ist nun zu tun? Was hat das für Konsequenzen? Sie müssen eine Strafe zahlen, erfahren wir. Ok. Wann und wo und vor allem wie viel müssen wir bezahlen? Die nette Dame nennt uns einen lächerlich geringen Betrag und sagt, wir könnten das bei der Ausreise oder bei der Wiedereinreise bezahlen. Check!

Na wunderbar, dann weiter zum nächsten Kontrollposten. Passport please!

War das jetzt alles? Ich glaube ja. Jetzt kommt schon die Einreise in die Türkei.

Alles klar, dann zahlen wir das Versäumnis bei der nächsten Einreise nach Georgien.

Die Wiedereinreise in die Türkei ging genauso problemlos vonstatten, wie die Ausreise aus Georgien. Allerdings ist uns das Wetter nicht besonders freundlich gesonnen. Es regnet heftig und der Wind peitscht hohe Wellen an die Küste. Das ist uns aber egal, denn wir sitzen im warmen Auto. Es ist sogar richtig beeindruckend, mit welcher Gewalt und Intensität die Wellen an die Strände peitschen. Wir fahren jetzt bis Trabzon an der Schwarzmeerküste entlang und genießen dieses Spektakel da draußen. Überglücklich, die letzten drei Wochen in Georgien mit so einem Traumwetter gesegnet worden zu sein, fahren wir nach Westen.

Ein Tagesziel gibt es auch schon, doch das sollte zu einem echten Ärgernis werden. Durch unsere bisherigen Erfahrungen sind wir richtig auf den Geschmack gekommen frei zu stehen. Wir haben herausgefunden, dass es geht, wie es geht und wo es geht. Das gilt natürlich immer nur unter Vorbehalt. Es kann in jedem Land anders sein, es kann sich von Region zu Region unterscheiden und man muss die Umstände und Bedingungen und Risiken kennen, abschätzen und beurteilen. Durch erworbene Erfahrungen fällt so etwas natürlich leichter und je mehr Erfahrung man macht, desto besser gelingt die richtige Beurteilung. In Georgien haben wir nur positive Erfahrungen gemacht. Das prägt uns natürlich für alles was noch folgen mag. Bis Trabzon sind wir in westlicher Richtung unterwegs, jetzt geht es links runter Richtung Süden. Es geht auch wieder durch die Berge, besser gesagt durch das Pontische Gebirge und weiter oben sehen wir schon die schneebedeckten Gipfel.

Auf Klostersuche

Übernachten wollen wir in der Nähe des Sümela Klosters, welches in den Fels gebaut wurde. Hierfür hat Jutta einen Platz an einem Restaurant rausgesucht, das aber einen ziemlich geschlossenen Eindruck macht. Es ist nicht ein einziger Camper hier, aber wir sehen den Garten, sehen wo die Stellplätze sind und die Teiche mit der Forellenzucht des Betreibers. Jemand kommt aus dem Haus auf uns zu. Das Restaurant ist gleichzeitig auch das Wohnhaus. „Hallo!“, sagen wir. „Können wir hier für eine Nacht auf dem Parkplatz stehen?“ Der Parkplatz vor dem Restaurant ist groß und fast leer.

„Wir haben geschlossen.“ , sagt die Frau. Sie winkt ihren Mann aus dem Garten herbei, ein riesiger Bullterrier folgt ihm. Sie besprechen sich und er bietet uns an zu bleiben, wenn wir 20 Euro bezahlen. Wir können auch die Duschen nutzen. Da es schon spät ist und wir lange gefahren sind, nehmen wir an. Obwohl wir es reichlich teuer finden, 20 Euro für einen schnöden Parkplatz? Da sind wir aus Georgien aber Besseres gewöhnt. Dort standen wir meistens umsonst oder für ganz kleines Geld. Dieser Wucher hier geht uns mächtig auf die Nerven. Sogar Jutta, die tendenziell immer zu sicheren und dann meist auch kostenpflichtigen Stellplätzen neigt, ist hier so gar nicht einverstanden. Aber wie gesagt, weiter wollen wir jetzt auch nicht mehr. Also nutzen wir wenigstens die Dusche ausgiebig und lassen uns das WLAN Passwort geben, um unser eigenes Datenvolumen zu schonen. Es wird noch schnell was zu Essen zubereitet und ein Film auf Netflix gestreamt und dann geht es ab ins Bett.

Am Morgen als wir aufbruchbereit sind, kommt der Hausherr vorbei um zu fragen, wo es hingehen soll. Seine Kampfmaschine trottet hinter ihm her. „Zum Sümela Kloster.“, antworte ich. Das sei geschlossen wegen Restaurierungsarbeiten. „Ok, aber von außen können wir es doch anschauen, oder?“ Er nickt uns zu. „Ihr könnt hinten raus fahren, das ist kürzer zur Straße.“ Wir bedanken und verabschieden uns.

Jetzt geht es weiter hoch in die Berge, rauf zum Schnee und ich habe Bock zu fahren. Wir müssen eine ganze Weile suchen, denn das Kloster ist nicht ausgeschildert oder wir haben es übersehen. So landen wir auf einem hohen und schneebedecktem Pass. Ich komme voll auf meine Kosten hier durch das Pontische Gebirge zu fahren, die Straßen zum Teil mit Schnee bedeckt und unzählige Kurven und Serpentinen.

Juchu, ein bisschen Schnee!

Auf der Passhöhe halten wir und Jutta guckt wie es weiter geht. Wir müssen zurück und einen anderen Abzweig nehmen. Wir haben eine Vermutung und wenden. Dort muss es sein und diesmal sind wir richtig. Schon von Weitem sieht man das Kloster eng an den Fels geschmiegt. Jetzt sehen wir auch ein Hinweisschild zu einem Parkplatz. Dort stellen wir LEMMY ab und steigen etliche Stufen hinauf, um dem Kloster näher zu kommen. Nach der nächsten Biegung sehen wir es dann in voller Pracht, aber immer noch weit weg.

Kloster Sümela

Der weitere Weg ist abgesperrt und wir sehen auch warum. An den Felsen hängen Arbeiter, gesichert an langen Seilen wie Bergsteiger. Einer von ihnen rührt sich nicht, hängt schlaff in den Seilen sozusagen. Ich beobachte ihn eine Weile und denke fast es ist eine Attrappe, was keinen Sinn ergeben würde. Oder macht der da ein Nickerchen? Ich mache mir langsam ernsthaft Sorgen um den Kerl und teile Jutta meine Befürchtung mit. Vielleicht hat er einen Steinschlag abbekommen. „Ach was, guck mal die anderen Arbeiter. Die hätten das doch mitbekommen!“ „Ja, vermutlich hast du recht.“, sage ich und wir machen uns auf den Rückweg. Es kommt uns ein junges türkisches Pärchen entgegen. „Die werden sicher die selbe Beobachtung machen wie ich und nötigenfalls was unternehmen.“, denke ich bei mir. Ich sage ihnen noch im vorbeigehen, dass der eine da oben sich nicht rührt. Damit habe ich die Verantwortung abgegeben und nehme weiter an, dass er nur ein kleines Schläfchen abhält in seiner Mittagspause.

Um dem Winter ein Schnippchen zu schlagen, wollen wir in den Süden an die Mittelmeerküste fahren. Das bedeutet, wir durchqueren die gesamte Türkei von Nord nach Süd, vom schwarzen Meer bis an die Küste von Anamur, dort wo es die leckersten Bananen geben soll. Das Orange Landrover Team ist dort nach 3 Wochen Verweildauer mittlerweile aufgebrochen, um weiter gen Westen zu fahren. „Wir holen euch schon noch ein.“, schreiben wir ihnen auf Instagram. „Das macht ihr glatt!“, kommt prompt als Antwort zurück mit einem lachenden Smily. Wir haben jetzt eine Tour von 1108 km vor uns und peilen an es mit zwei weiteren Übernachtungen zu schaffen. So teuer wie letzte Nacht wollen wir allerdings nicht wieder stehen. Also recherchiert Jutta nach park4night – Plätzen die auf unserer Route liegen und mit dem Tages- bzw. Etappenziel harmonieren. Für mich bedeutet das, zwei Tage hintereinander lange Fahrten, die mir aber richtig Spaß machen. Nachdem wir die Pontischen Berge hinter uns lassen wird es direkt wärmer und wir können die Pullover wieder ausziehen und im T-Shirt weiterreisen. Unterwegs gibt es reichlich Auswahl an Straßenlokalen, in denen wir uns gerne zum Lunch mit Köfte, Ayran und Salat für die Weiterfahrt stärken. Der Chai nach dem Essen wird nie ausgelassen. Einmal habe ich nicht aufgepasst und bin dann doch in eine Radarfalle geraten und wurde auch kurze Zeit später raus gewunken und musste mich ausweisen, Papiere und Führerschein vorzeigen. So wie wir es von Zuhause kennen. 30 Euro solle es in etwa kosten, aber zahlen sollen wir erst bei der Ausreise beim Zoll oder aber in Istanbul in einem Office. Damit kann ich sehr gut leben und etwas langsamer fahren wir weiter.

Einfach nur zum Übernachten, wie schööön!

Gegen späten Nachmittag erreichen wir Tördürge Gölü, einen tollen Übernachtungsspot. Ich fahre etwas um den See herum, um von der Straße weiter weg zu stehen und um nicht sofort gesehen zu werden. Wir kommen an einem ganz merkwürdigem Holzgebäude vorbei, das wir uns morgen vor der Weiterreise näher anschauen wollen. Jetzt geht es primär um einen guten Stellplatz und den finden wir auch. Hinter einer Biegung und einem holperigen Hügel, den ein normaler PKW nicht nehmen könnte, stehen wir fast unsichtbar direkt am nebeligen See. Von drei Seiten durch die Landschaft geschützt und von vorne durch den See, fühlen wir uns hier sehr wohl und gut aufgehoben für die Nacht.

Tinyhouse mal anders?

Wir finden leider nicht raus, welchem Zweck dieses merkwürdige Holzhaus dient. Es sieht ein wenig aus wie ein Wachturm. Der Grundriss ist quadratisch und im inneren führt eine Treppe zu vier offenen Balkonen die einen 360 Grad Rundumblick gewähren. Erst darüber kommt das eigentliche, aus vier Giebeln bestehende Haus. Hat sich dieses Bauwerk ein Architekt als Wochenenddomizil gebaut? Ist es vielleicht ein Aussichtsturm, der im Sommer geöffnet ist und besichtigt werden kann. Ohne es herauszufinden fahren wir weiter zu unserem nächsten und letzten Etappenziel vor dem Dragon Camp.

Karoman Gödet Baraj ist der nächste See an dem wir wieder etwas versteckt die Nacht verbringen. Dieses Mal sind wir von drei hohen Felswänden den Blicken Neugieriger verborgen. Nur ein paar Angler von gegenüber können herüber schauen. Ein wärmendes Lagerfeuer haben sie bereits am Start, denn sobald die Sonne verschwindet, wird es empfindlich kühl draußen.

Auch hier verläuft die Nacht erwartungsgemäß ruhig und unbehelligt von irgendwelchen feierwütigen Jugendlichen, Trunkenbolden oder gar der Gendarmerie verbringen wir die Nacht. Wir verlassen diesen empfehlenswerten Park4night-Platz und fahren auch noch an einem ziemlich großen Waldbrandgebiet vorbei, was etwas auf die Stimmung drückt. Doch bald sind wir wieder besserer Laune, da Turbonegro vom USB Stick läuft und wir an einer beeindruckenden Küstenstraße entlang fahren, ähnlich der Magistrale in Kroatien. Nur noch eine Etappe, um dann unser Lager für mindestens drei Nächte an der Mittelmeerküste aufzuschlagen.

Auch schön….
…. oder?

Vorher wird in Anamur eingekauft, damit wir LEMMY auch mal stehen lassen können. In einen Baumarkt müssen wir auch noch, denn leider hat unsere Wasserpumpe letzte Nacht ihren Dienst quittiert. Zum Glück haben wir eine Ersatzpumpe dabei, denn vor etwa einem Jahr auf unserer zweiten Reise mit LEMMY durch Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Polen hatte sich unsere erste Pumpe verabschiedet. Das war in Zakopane in Polen, in der hohen Tatra. Und um etwas zu lernen beim Pumpenwechsel habe ich aufmerksam zugeschaut, als ich nach der Reise die Pumpe in einer Werkstatt habe tauschen lassen. Dort allerdings wurde der Anschlussschlauch mit dem Rückschlagventil in der Pumpentülle verklebt, was mir jetzt zum Problem werden sollte. Jutta meinte in einem Baumarkt könnten wir vielleicht ein Rückschlagventil oder etwas Ähnliches finden. Wobei dieses Mal ich der Pessimist und Skeptiker war und sie die Optimistin. Wir finden nichts was passt, aber einen tollen Wasserschlauch, der sich ausdehnen kann. Er ist kurz, leicht und gut zu verpacken, dehnt sich in Gebrauch dann erst aus. So kann ich komfortabel unseren 100 Liter Frischwassertank befüllen ohne dauernd mit meinem 10 Liter Kanister von der Wasserstelle zum Frischwassertank laufen zu müssen. Natürlich muss das Drehgewinde zum Anschluss passen.

Dragon Camp – direkt am Beach

Als wir dann endlich alles erledigt haben mit den Einkäufen und auf den Dragon Motel & Campingplatz fahren, da sind wir sprachlos vor Begeisterung. Wir fahren direkt durch den mit großen, alten Pinien bewachsenen Campingplatz bis vorne an den Strand. Wir stehen in der ersten Reihe, neben uns ein bunter Offroadbus aus Polen mit einem jungen Pärchen. Dann ist da noch ein drittes Fahrzeug mit türkischen Tagesgästen, die hier ein Barbecue veranstalten und dann am Abend fahren werden. Ansonsten haben wir den Strand für uns alleine. Es ist fast Mitte November und wir können noch schwimmen gehen und uns die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Drei bis viermal am Tag kommt die Oma bei uns vorbei an den Strand, um in Bewegung zu bleiben. Wir hören ihren schlurfenden Gang immer schon bevor sie zu sehen ist. Auch die Tochter Belgin und ihr Bruder, die in erster Linie den Campingplatz betreiben (das Restaurant hat geschlossen), lassen sich regelmäßig blicken. Wir werden aufgefordert uns aus dem Garten Orangen zu pflücken, für frisch gepressten Saft. Hin und wieder bringt die Oma uns selbst eingelegte Oliven oder andere Köstlichkeiten vorbei. Belgin versorgt uns mit selbstgemachten Süßspeisen, die wir unbedingt kosten müssen. Hier ist Familienanschluss oberstes Gebot.

So lässt sichs aushalten!

Wir bleiben nicht nur drei Tage, es werden sechs. Die Zeit vergeht wie im Flug. Das Pärchen neben uns reist ab, dafür kommt dann mal jemand anderes. Aber meistens sind es Türken, die sich eine kurze Auszeit gönnen und nach einer Nacht oder einem Essen wieder fahren. Einmal kommt ein anderer Deutscher, ein Lehrer im Ruhestand. Er heißt Detlef und war schon oft hier. Einen unserer Abende werden wir an den Strand eingeladen zum Lagerfeuer. Der Bruder kümmert sich um das Feuer, die Schwester um die Versorgung der Gäste mit Wein. Detlef kam vorher schon bei uns vorbei um Hallo zu sagen. „Ich bin der Neue hier“, waren seine Worte.

Besucht werden wir noch von den kleinen, süßen Kätzchen, die von Jutta stets gut versorgt werden, aber leider auch von hartnäckigen Fliegen. Von denen werden wir allerdings eher belagert als besucht. Besonders morgens beim Frühstück sind diese Biester unausstehlich. Das inspiriert mich zu folgenden Überlegungen:

Haben Fliegen ein Gehirn?

Die gleiche Frage müssen sich auch Mücken gefallen lassen. Ich jedenfalls stelle mir diese Frage schon länger. Es ist nicht das erste Mal hier am Dragon Beach in der Türkei. Nein, auch schon zuhause auf meiner eigenen Terrasse haben mich die Fliegen in den Wahnsinn getrieben, haben mich bis zur Weißglut gereizt. Und jetzt, wo ich im November hier sitze, morgens vor meinem Camper, am Strand und frühstücken möchte, an einem reichlich gedecktem Tisch, da fallen sie über mich und die gedeckte Tafel her. Ich schlage nach ihnen, ich fluche und schimpfe und sie lassen sich von nichts beeindrucken. Dann fange ich an mit meinen Händen über den Tisch zu wedeln. Aber sie kommen immer wieder. Wer hält länger durch? scheint die entscheidende Frage zu sein. Ich muss mich eindeutig geschlagen geben, sie sind zu siebt gegen einen. Sieben. Irgendwie sind es immer so um die sieben Fliegen die einen belagern. Warum ist das so? Auch diese Frage habe ich mir schon früher gestellt. Schlag eine tot oder auch zwei, aber weniger werden es trotzdem nicht. Mehr als sieben oder acht sind aber auch nicht da. Wie kann das sein? Gibt es da irgendwo eine Kommandozentrale die den Nachschub steuert?

Was ist mit Mücken? Diese Viecher haben doch gar keinen Nutzen, oder etwa doch? Die machen einem das Leben zur Hölle, besonders nachts, wenn man schlafen will. Und erst recht im Camper. Wir haben schon überall Fliegengitter, doch irgendwie mogelt sich immer so ein Plagegeist rein und nervt rum. Aber Mücken sind langsam und nicht so flink wie die schnellen Fliegen. Trotzdem attackieren sie uns. Ist ihnen denn nicht bewusst, dass sie von uns weg geklatscht werden, wenn wir merken, dass sie uns ihren Stechrüssel in die Haut rammen? Oder nehmen sie es einfach in Kauf für den Kick, für den Schuss den sie sich abholen? Ist der Druck wohlmöglich so groß, dass sie gar nicht anders können? Leiden sie unter Entzugserscheinungen, wenn sie kein Menschenblut bekommen?

Und wieso schwirren sie mir um den Kopf herum, an meinen Ohren vorbei? Dann höre ich sie doch und schlage nach ihnen. Wollen sie mich in den Wahnsinn treiben oder haben sie kein Gehirn, das sich dann einschaltet und sagt: “Weg vom Ohr, da ist es zu gefährlich, greif weiter unten an.“ Wie lange gibt es eigentlich Mücken? Sind sie in der Evolution einfach auf der Strecke geblieben oder gibt es schlaue und dumme Mücken? So wie es bei den Menschen schlaue und weniger schlaue Individuen gibt.

Die Mücken, die im Oberstübchen etwas spärlicher möbliert sind, die schwirren wohl eher um die Ohren herum. Die Anderen, die Schlaueren, die saugen sich ihr Elixier aus den Waden und den Fußknöcheln, da kann sie niemand hören, wenn sie angreifen. Dort können sie sich laben und eine Dröhnung abholen, von der sie lange zehren können. Doch gefährlich leben sie auch. Vielleicht wissen sie, dass sie jederzeit von einer heransausenden Handfläche ins Jenseits befördert werden können. Daraus könnte man schlussfolgern, dass sie ein Gehirn haben und es eine Entwicklung in der Evolution gegeben hat.

Aber zurück zu den Fliegen, die mich hier an den Rand eines Tobsuchtsanfalls bringen. Ständig sind es sieben oder acht die mich und den ganzen Tisch belagern. Egal was ich mache, egal wie oft ich eine von ihnen verscheuche, sie kommen wieder. SIE verlieren nie die Geduld. Ich schon. „Jutta, kannst du mir bitte die Fliegenklatsche raus geben?“ „Ja, einen Augenblick.“ So, jetzt bin ich bewaffnet und nehme den Kampf an gegen diese Übermacht von kleinen Monstern. Sie belagern die Marmelade, setzen sich auf den Rand meines Kaffeebechers und krabbeln über den Tisch. Alles Wedeln, alles Fluchen und Schimpfen hat nichts genutzt, aber jetzt werde ich euch das Fürchten lehren. Jetzt bin ich bewaffnet und schrecke nicht davor zurück meine Klatsche einzusetzen. Ich stehe einer Übermacht von ca. 7 oder 8 Feinden gegenüber, genau lässt sich das nicht sagen. Aber die entscheidende Frage ist ja auch, ob immer nachgerückt wird oder ob die Fliegenkompanie irgendwann kapituliert.

Jürgen schweift ab…..

Zack, erwischt! Eines dieser Mistviecher auf der Tischkante. Yes, ein Triumphgefühl steigt in mir auf. Klatsch, noch ein Fliegenviech weg. Die war der Butter zu nahe gekommen. Aber werden es jetzt weniger?

„Diane, Cooper hier, wir werden angegriffen. Schick Verstärkung, bitte!“

Nee verdammt, immer noch so viele wie vorher, obwohl ich zwei erwischt habe. Sie geben sich große Mühe sich nicht zählen zu lassen, immer fliegen sie durcheinander.

Flatsch! Mist daneben. „Jutta, zwei von den Arschgeigen hab ich schon erwischt!

„Diane, Big Ed konnte gerade noch entwischen, aber Leland und Ben hat es erwischt!

„Cooper, hörst du mich?“

„Ja Diana, Cooper hier, ich höre dich.

„Ich schicke dir Leo und Bobby. Ok?“

„Hmm, na gut, schick sie rüber.“

„Kommst du gleich mit dem Rührei raus? Ich habe Hunger. Zwei Fliegen habe ich schon erwischt, aber es werden nicht weniger.“

„Komme gleich, muss nur kurz die Orangen auspressen.“

Klatsch, wieder Eine weniger. Die hat sich zu nah an die Salami gewagt.

„Diane, Cooper hier. Wir haben es mit einem äußerst aggressivem Individuum zu tun. Wir haben Leo verloren. Der Berserker schlägt wild um sich. Ich weiß nicht was wir machen sollen. Ist es vielleicht besser den Rückzug anzutreten? Over.“

„Cooper, hörst du mich? Diane hier. Kein Rückzug hörst du? Der Boss sagt auf keinen Fall Rückzug. Ihr müsst dranbleiben…“

„Aber Diane….“

Klatsch! „Jutta ich habe wieder Eine erwischt.“

Diese Scheißviecher, ich kann machen was ich will, trotzdem sind sie überall.

„Cooper, Diane hier, ich schick euch Verstärkung. Truman, Andy und Hawk. Kommst du damit klar?“

„Diane, hier spricht Cooper. Damit komme ich sehr gut klar. Das ist ja das A-Team.

Diane, wenn du nur diesen Kaffee auf dem Tisch hier vor dem Camper riechen könntest…., da bekomme ich glatt Lust auf Kirschkuchen…“

Flatsch! „Jutta ich habe wieder eine erwischt. Ich glaube es werden langsam weniger…“

„Diane, Sheriff Truman hat mir durchgegeben dass wir Hawk verloren haben. Andy musste wieder weinen, aber sag bitte dem Boss nichts davon.“

„Ok Coop, mache ich nicht. Wie viel seit ihr noch da draußen?“

„Augenblick, ich zähl mal durch….“

Klatsch….

„Coop,….Cooper,….Diane hier, Agent Cooper…..Cooooper,……

Zoe Nr. 2, soooooo süß!!!!!

Eine von den kleinen Kätzchen sieht genauso aus wie unsere Zoe, unsere zweite, leider auch bereits verstorben Katze. Ich berichtete schon darüber. Sie kommt jeden Morgen zum Frühstück und verbringt einen Großteil des Tages bei uns am Camper und sogar im Camper. Sie liegt bei uns im Bett, fleezt sich zu mir in meine Sitzecke und verbringt die Nachtschicht bei mir, während ich an TURKEY – CHAPTER I arbeite.

So vergehen die Tage. Ich gehe schwimmen, rätsel Sudoku, Jutta liest. Abends koche ich gelegentlich am Lagerfeuer und wir genießen einen großartigen Spätsommer im November.

Allerdings gibt es ja noch das Problem mit der Wasserpumpe. Zuerst sind wir mit unserem 10 Liter Kanister ganz gut zurecht gekommen. Außerdem haben wir noch einen Faltkanister und einen Beutel zum aufhängen, so dass wir in Bad, Küche und im Staufach außen immer gut versorgt sind mit Wasser. Aber irgendwann muss ich das ja mal angehen mit der Pumpe. Heute soll dieser Tag sein. Zuerst muss alles Wasser raus aus dem 100 Liter Wassertank. Das mache ich mit einem dünnen Schlauch, den ich eigens dafür dabei habe. Ich sauge das Wasser an und lasse es durch den Schlauch neben dem Auto ab. Danach reinigen wir den Tank und wischen eine Menge Sand am Boden des Tanks zusammen. Woher der auch immer kommen mag, es ist mir ein Rätsel.

Jetzt kommt es zum schwierigsten Teil, Schlauch und Pumpe müssen voneinander getrennt werden. Ich bekomme es nicht hin. Meine Befürchtung ist, mehr Schaden mit grober Gewalt anzurichten, als das ich das Problem so lösen könnte. Ich vertage es auf morgen, obwohl es mich ziemlich nervt. Aber wir kommen ja so schon eine ganze Weile zurecht und wollen uns dadurch nicht die Laune verderben lassen. Am nächsten Tag nach dem Frühstück wage ich es erneut. Es passiert genau das, was ich erwartet habe. Ich breche einen Teil des Rückschlagventils, in dem der Schlauch vor einem Jahr von einer Fachwerkstatt verklebt wurde, ab. Jetzt habe ich zwar die Pumpe in der Hand, aber das Rückschlagventil klebt noch am Schlauch. Auch nach mehrmaligen Versuchen kann ich beides nicht voneinander trennen. Wieder breche ich die Arbeit unvollendet ab.

Wie es der Zufall so will kommen am nächsten Tag vier ältere Herrschaften vorbei, sie sprechen deutsch. Es sind zwei Frauen und zwei Männer. Sie sehen uns da beim Nachmittagskaffee unter unserem Tarp sitzen und sprechen uns an. Drei von Ihnen gehen weiter an den Strand, eine der Frauen unterhält sich weiter mit uns. Sie kommen seit über 30 Jahren in die Türkei und kennen auch diese Familie hier am Dragon Camp sehr gut. Die Oma sei eine wunderbare Köchin verrät sie uns. Sie wurden sogar von ihr bekocht, auch als das Restaurant schon geschlossen hatte. Irgendwie kommen wir auf unser Pumpenproblem zu sprechen, ich habe keine Ahnung mehr, wie es dazu kam. Jedenfalls sagt sie, ihr Mann habe früher als Installateur gearbeitet, er kann es sich ja gleich mal anschauen. „Ja gerne!“, schießt es aus mir heraus, überaus dankbar über so eine glückliche Fügung.

Kurz darauf ist ihr Mann dann auch schon zugange und wurschtelt mit seinen Händen in unserem Frischwassertank herum und schafft es tatsächlich das Rückschlagventil vom Schlauch zu trennen. Er hat es mit grober Gewalt geschafft und im Augenblick bin ich noch ziemlich erfreut darüber, was sich aber bald ändert und einen Wasserschaden zur Folge haben wird. Zunächst aber heißt es: „Tausend Dank! Sie schickt der Himmel usw…“. Dann verabschieden sie sich und wir sind glücklich und sie vermutlich auch, da sie vermeintlich geholfen haben. Mein Job ist es nun die harten Klebstoffreste aus dem zum Teil abgebrochenen Rückschlagventil rauszukratzen, damit ich den Schlauch und die neue Pumpe mit dem beschädigten Ventil wieder zu einer Einheit verbinden kann. Dazu bedarf es einiger Stunden Fleißarbeit mit einem kleinen Schraubendreher. Damit arbeite ich mich Millimeter für Millimeter durch den harten Kleber und reinige so die Tülle von innen, bis alle Klebereste völlig entfernt sind. Der Arbeitsplatz jedenfalls hat schon was. Draußen am Strand, unterm Tarp kurz vor einem prächtigen Sonnenuntergang. „Morgen verklebe ich das mit der neuen Pumpe!“, verkünde ich Jutta, nachdem ich meine Fleißarbeit vollbracht habe.

„Nein!“, protestiert sie „bloß nicht wieder verkleben.“ „Ist doch egal.“, sage ich „ist doch eh fast hinüber das Ventil. Muss jetzt nur noch bis zum Waterhole funktionieren, dann mache ich es ganz neu.“ „Mach das nicht, verkleb das bloß nicht.“, erwidert sie.

Ich schlafe eine Nacht drüber und habe eine Eingebung. Irgendwo habe ich doch Teflonband in meiner Werkzeugkiste, damit müsste es genauso gut gehen wie mit Klebstoff. Stolz verkünde ich meine grandiose Idee am nächsten Morgen und mache mich gleich daran das Teflonband zu suchen.

Es funktioniert alles auf Anhieb hervorragend und ich frage mich, warum das nicht immer so laufen kann. Jetzt sind wir fast so weit, dass wir einen Testlauf starten können. Pumpe, Schlauch und Rückschlagventil sind fest verbunden miteinander. Stromkabel ist auch wieder mit neuer Lüsterklemme verbunden und abisoliert. Tank ist sauber und erstmal mit 20 Liter Wasser befüllt. Jutta ist am geöffnetem Fenster im Bad, bereit den Wasserhahn aufzudrehen. Ich stehe draußen am Tank. „Bist du bereit?“, frage ich. „Bin bereit.“ Wasser marsch. Die Pumpe arbeitet, das höre ich. „Kommt was?“ „Nee, kommt nix!“ „Wie jetzt kommt nix?“ „Die Pumpe pumpt doch.“ „Ja, es kommt aber nichts.“

„Scheiße, was ist das denn jetzt. Es läuft hier unten am Tank raus!“, sage ich.

„Verdammt, hier läuft es aus der Heizung raus und die Küche steht unter Wasser!“, sagt Jutta. „Mach den Wasserhahn zu!“, rufe ich. Dann wischen wir drinnen wieder alles trocken und gehen auf Fehlersuche. Nach einem furiosen Start gebe ich frustriert auf. Keine Ahnung, was da jetzt schief gelaufen ist. Meine Befürchtung mit grober Gewalt mehr Schaden als Nutzen anzurichten scheint sich bewahrheitet zu haben. Der nette Installateur hat es mit Sicherheit gut gemeint, aber vermutlich trotzdem einigen Schaden angerichtet. Jetzt ist klar, wir brauchen eine Werkstatt und professionelle Hilfe.

Jutta beginnt mit der Recherche. Da wir weiter nach Westen fahren werden, genauer gesagt nach Cirali, wo Güler und Murat gerne ihren Sommerurlaub verbringen, kommen wir auch durch Antalya. Dort wird es wohl was geben, nehmen wir an. Dort sind haufenweise Touristen und Camper und Expats usw. Und dort finden wir Gergin Garage. Sofort nehmen wir Kontakt auf und sofort wird auch reagiert. Können wir Freitagvormittag einen Termin bekommen, fragen wir an, es ist wirklich dringend. Klar, kein Problem. Worum geht es denn? Wir schildern so gut es geht unser Problem und Merve schreibt umgehend zurück, dass sie es vor Ort händeln können. Mit dieser positiven Aussicht verbringen wir noch eine tolle Restzeit in Anamur, wo die Bananen wirklich intensiv bananisch schmecken und der Sommer nie zu enden scheint.

Doch wie es immer so ist müssen wir irgendwann weiter ziehen. Diesmal haben wir einen Termin in Antalya. Die sechs Tage vergingen wie im Flug. Jutta würde am liebsten unser kleines Kätzchen mitnehmen und auch mir fällt der Abschied extrem schwer. Doch wir bleiben vernünftig und lassen die Katze dort wo sie hingehört. Zum Abschied gibt es Kaffee und selbstgemachten Kuchen und dann bekommen wir noch Orangen und Oliven mit auf den Weg. Jetzt geht es ab nach Antalya. Heute ist Donnerstag und wir wollen gegen späten Nachmittag ankommen, damit Freitagvormittag der Fehler gesucht und im Idealfall schnell behoben werden kann. Denn der Plan ist sofort danach weiter nach Cirali zu fahren, mit funktionierender Wasserpumpe und ohne ausströmendes Wasser im Innenbereich. Da wir erst gegen Mittag los kommen und die Fahrt deutlich über vier Stunden dauert (ohne Pausen) sind wir so gegen 16:45 Uhr bei Gergins Garage in Antalya. Wir parken an der Seite neben dem Laden und noch bevor ich richtig stehe, sehe ich ein junges Mädel an der Treppe, die uns beobachtet. „Das ist bestimmt Merve.“, sage ich zu Jutta. Als LEMMY akkurat eingeparkt ist, gehe ich direkt auf sie zu und frage, ob sie denn Merve heißt. „Nein, die ist im Laden und wartet auf euch.“ Also gehen wir rein um zu fragen, wann es morgen losgehen kann. „Wir haben auch jetzt noch Zeit, wollen wir uns das Problem mal anschauen?“, sagt Merve. Mittlerweile ist auch ihr Mann dazu gekommen, offensichtlich der Chef des Unternehmens, und ein Techniker. Yes, sehr gerne doch. Wir schildern die Problematik und das gesamte Garagenteam ist jetzt mit uns am Auto. Ich öffne alle Klappen, zeige die ausgetauschte Pumpe und das vermutete Leck im Heizungsschrank, wo das Wasser raus läuft. Jetzt wollen sie sehen was passiert, wenn die Pumpe läuft. Also dreht Jutta im Bad den Wasserhahn auf. Die Pumpe arbeitet und schon läuft das Wasser im Innenbereich Richtung Küche.

Es läuft …

Aus der Karosserie läuft es unter dem Wassertank auf den Parkplatz und auf der anderen Seite rinnt es jetzt auch noch raus. Das Wasser geht durch das gesamte Staufach von einer Seite zur anderen Seite, weil ich etwas schräg stehe. Das sehe ich jetzt zum ersten Mal. Ich befürchte schon das Schlimmste. Das Wasser läuft überall, nur nicht aus dem Wasserhahn.

„Ja, das tut mir leid, da können wir auch nichts machen. Die Teile haben wir hier gar nicht. Das müssen wir bestellen, das kann dauern…., und was das kostet….“

Aber er sagt nichts dergleichen. Der Techniker biegt sich irgendwie in das Fach über dem Frischwassertank und prüft die ganzen Schlauchverbindungen. Wir schauen bange zu und warten. Ich denke, ich kann die Zeit etwas sinnvoller nutzen und räume das komplette Staufach aus, um es dann trocken zu wischen. Das geht relativ schnell, da alles gut in Kisten organisiert ist. Als ich nach einer viertel Stunde etwa fertig bin, soll Jutta erneut den Wasserhahn betätigen. Die Stunde der Wahrheit. „Und? Kommt Wasser?“, frage ich hoffnungsvoll. „Es gluckert.“, sagt Jutta und kurz darauf: „Ja jetzt kommt was. Und läuft noch irgendwo anders was raus?“ Tut es nicht, alles ist wieder perfekt. Nach einer knappen halben Stunde ist alles wieder repariert und ich zahle 25 Euro für die ganze Geschichte. Überglücklich räume ich alles wieder ein und dabei plaudern wir noch ein wenig. Sie lieben alle unseren Wagen, so was sieht man hier selten in Antalya. Selber bauen sie auch Offroadfahrzeuge aus und haben Dachzelte und eine Menge Equipment im Laden.

Wir fragen noch, ob wir über Nacht hier stehen bleiben können und werden erstaunt angeschaut. „Warum wollt ihr denn hier bleiben? Fahrt doch an den Fluss, da picknicken wir selber immer gerne.“ Merve beschreibt uns den Weg und wir verabschieden uns von einem tollen Team, von einer sehr sympathischen und kompetenten jungen Firma. Den Platz am Fluss finden wir nicht, deshalb entscheiden wir uns am Meer nach einem Stellplatz zu suchen und werden prompt fündig. Ein Parkplatz, auf dem schon ein großer Overlander LKW steht, fällt uns sofort ins Auge. Dort stellen wir uns direkt daneben. Ein Wohnwagen ist auch noch hier und zwei Vans. Wir befinden uns in bester Gesellschaft. Jetzt geht es mit unseren beiden kleinen Campinghockern und ein paar kalten Bieren kurz über die Straße und an den Strand. Unter dem klaren Sternenhimmel genießen wir das erfrischende Bier in einer lauen Spätsommernacht und sind mega glücklich das alles wieder so läuft wie es sein soll.

Antalya

Der Weg nach Cirali verläuft relativ unspektakulär, um nicht zu sagen langweilig. Vorher füllen wir noch Wasser auf an einer Quelle an der Straße. Dazu benutze ich das erste Mal den neuen Wasserschlauch und finde es großartig im Vergleich zum vorherigen Kanister schleppen. Tanken müssen wir eigentlich auch, aber das verschiebe ich auf Cirali. Das es ein ganzes Stück eine Serpentinenstraße runter geht, raus aus den Bergen auf Meeresniveau und das es dort im ganzen Ort keine Tankstelle gibt, das wusste ich noch nicht. Ausgerechnet jetzt geht auch noch die Reserveleuchte an. Es gibt dort auch keine anderen Ortschaften mit Tankstelle. Man muss den Ort auf dem gleichen Weg verlassen, wie man ihn erreicht hat. Also sage ich zu Jutta, dass wir lieber nicht heizen sollten, um Sprit zu sparen.

Aber erst mal kommen wir an und finden es auf Anhieb ganz schnuckelig hier. Ein richtig schöner, kleiner Ferienort. Überall gibt es nette Shops, kleine Restaurants, die allerdings zum Teil die Saison schon beendet haben. Leider auch der Pizzaladen, den Güler mir empfohlen hat. Kneipen für Biertrinker gibt es selbstverständlich auch. Wir gehen auf Ende November zu und trotzdem sehen wir noch Leute im Meer schwimmen. Wir wissen einen guten Campingplatz, doch zuerst schauen wir uns einen Freistehplatz an, der ziemlich nah am Strand ist. Ganz nett, finden wir, aber mehr auch nicht. Dann gucken wir uns den Campingplatz an, der in einer herrlichen Gartenanlage liegen soll. Aber wie kommen wir da hin? „Da musst du links!“, sagt Jutta. „Was? Da wo der ganze Weg voller Holz liegt!“ Es ist nur eine sehr schmale Straße, wie viele dieser kleinen, engen Gassen hier. Straße ist eigentlich übertrieben, es ist eher ein sandiger Weg. Und offensichtlich wird hier Feuerholz für den Winter vorbereitet. Ich fahre trotzdem rein und es bleibt nicht unbemerkt. Ruck zuck wird von drei kräftigen Kerlen der Weg freigeräumt und ich kann nach wenigen Minuten passieren. Dann geht es mal links und mal rechts rum und wir sind da.

Bellerofon Caravan & Camping

Es ist ein kleines Paradies, der Garten Eden und fast alle Stellplätze sind frei. Ein paar Zeltcamper sind noch hier und zwei andere Fahrzeuge. Schon kommt uns der Betreiber entgegen und spricht uns auf deutsch an. Wir besprechen die Einzelheiten, wie z. B. das Frühstück für kleines Geld, das wirklich ganz ausgezeichnet ist. Jeden Morgen gibt es was Anderes, frisch zubereitet von ihm und seiner hübschen Frau. Dann gibt es eine Ecke, wo ich mir Feuerholz nachholen darf, wenn das, was er mir jeden Tag zu unserer Feuertonne legt, aufgebraucht ist. Es gibt ausreichend Toiletten, Duschen und natürlich den Frühstücksraum, den man auch als Bibliothek nutzen kann. Wie lange wir bleiben wollen, will er noch wissen. Wir sagen, dass es wohl so drei Tage werden sollen, aber ganz genau wissen wir es noch nicht. „Kein Problem, ihr könnt bleiben so lange ihr wollt!“ Es werden auch hier sechs Tage und die vergehen viel zu schnell. Wir hängen ab, sitzen jeden Abend am Lagerfeuer und genießen noch immer die spätsommerlichen Temperaturen. Wir haben auch hier wieder eine kleine Horde Katzen um uns herum, die gut von Jutta versorgt werden. Eine kleine schwarze Katze freundet sich mit mir an, allerdings ist sie etwas hyperaktiv und lässt sich auch nicht auf den Arm nehmen. Sie streift mir aber pausenlos um die Beine und will gestreichelt werden, aber zur Ruhe kommt sie nicht. Erst nach vier oder fünf Tagen wird sie ruhiger und vertrauter mit mir und lässt sich schon mal auf den Schoß nehmen. Lange hält sie das allerdings auch nicht aus.

Wir machen Spaziergänge an den Strand, radeln mit den Bikes durch den Ort und gehen gelegentlich in einem Restaurant essen. Die Türkei ist ja ein wirklich günstiges Reiseland für uns. Dann wird LEMMY auch mal wieder gründlich gereinigt. Jutta kümmert sich innen um alles, ich mich um den Außenbereich. Ich räume alle Staufächer aus und fege und wische sie durch. Die Kisten werden leergeräumt und wieder neu und ordentlich eingeräumt, denn während einer langen Reise schleicht sich immer ein bisschen Unordnung ein. Ich putze alle Fenster und die Scheinwerfer und Spiegel, für eine klare Sicht bei der Weiterfahrt. Auch die beiden Bikes werden abgespült, denn wir haben einen Wasseranschluss am Platz. Die Abdeckplane ist ebenfalls ziemlich eingestaubt und wird einer kleinen Wäsche unterzogen. So gehen die Tage ziemlich schnell dahin und ich denke, hier ist doch der perfekte Ort für eine Nachtschicht. Also wird auch ein weiteres Chapter von meinem Reiseblog geschrieben, Istanbul wird fertig gestellt bevor der Morgen erwacht. An diesem Tag haben wir das köstliche Frühstück ausgelassen und ich habe bis zum Mittag geschlafen.

Mount Chimaera

Ein ganz besonderes Highlight war es die ewigen Flammen in den Bergen zu sehen. Diese brennen bereits seit 2500 Jahren,

Der griechischen Mythologie nach sind diese Flammen der Atem einer Chimaera (dreiköpfiges Tier / Mischung aus Löwe, Ziege und Schlange). Bellerophon (Enkel des Sisyphos) bekam den Auftrag die Chimaira zu töten. Mit Hilfe des geflügelten Pferdes Pegasos konnte er sie aus der Luft überwältigen…. aber vielleicht hat sie ja überlebt und atmet tief unter der Erde weiter?

Ganz klar der Atem der Chimaera

Wir mussten dazu ein ganzes Stück laufen, Jutta hatte nicht so richtig Lust mit den Rädern zu fahren. Es ist weiter als gedacht. Doch als wir dann endlich den ganzen Ort durchlaufen und den Berg bestiegen haben, da sehen wir die Flammen aus dem felsigen Boden lodern. So etwas haben wir zuvor noch nie gesehen. Und die Flammen sind noch nicht mal alles. Die Aussicht von hier oben geht bis zum Meer und Strand hinüber. Wir haben uns ein kleines Picknick mitgenommen, eine Thermosflasche mit frischem Tee, etwas Obst und ein paar kleine Snacks. So genießen wir hier oben die tolle Sicht über einen Teil des Strandes und mal wieder leistet uns eine Katze Gesellschaft dabei.

Den Rückweg gehen wir barfuß am Strand entlang.

Bei mir hat sich irgendwie ein kleiner Schnupfen eingeschlichen. Vielleicht habe ich mich in einer der lauen Nächte zu lange am Lagerfeuer aufgehalten. Denn bei Bier, Musik mit meiner Boombox und dazu noch Lagerfeuer, da vergesse ich schon mal die Zeit. Vielleicht hat mich auch unser türkischer Gastgeber angesteckt, er war oft am Husten.

Oder es ist einfach so irgendwann, irgendwo passiert. Es sollte sich zu einer richtigen Grippe entwickeln, die mich zwei Wochen lang begleiten wird. Bei Jutta wird es vier Tage später losgehen.

So lecker! Da kann ich sogar den löslichen Kaffee verkraften.

Ein letztes Mal genießen wir noch das leckere Frühstück und bedanken uns für die tolle Gastfreundschaft, für das tägliche Anliefern des Feuerholzes und dem ganzen Drum und Dran. Wir haben diese Tage hier sehr genossen und werden es unseren Freunden weiter empfehlen. „Wie weit ist es eigentlich bis zur nächsten Tankstelle?“, will ich von ihm noch wissen. „Ach, das sind nur ca. 30-40 km in Richtung Antalya, da kommt dann eine Tankstelle.“ Ich komme ein wenig ins Schwitzen, denn ich weiß, wir fahren die selben Serpentinen die wir runter gefahren sind auch wieder hoch. Was ich nicht so genau weiß ist, wieviel Diesel muss mindestens im Tank sein bei steilen Berganfahrten? Ich habe ja den großen 140 Liter Lone Ranger Tank. Wann läuft es soweit nach hinten, dass nicht mehr genug Diesel angesaugt wird. Oder ist es genau umgekehrt? Das es kritisch wird bei steilen Abfahrten? Auch das weiß ich nicht. Naja, wird schon gut gehen.

Bevor wir losfahren, bitte ich unseren Gastgeber noch darum, besonders auf die kleine schwarze Katze acht zu geben. Denn sie ist mir ganz besonders ans Herz gewachsen und von Tag zu Tag zutraulicher geworden. „Die kleine Schwarze kenne ich noch gar nicht, sie ist erst mit euch hier aufgetaucht.“

Wir kommen die Bergstrecke ohne Probleme hoch und erreichen auch die Tankstelle. Ich tanke voll, 136 Liter!

Bodrum in der Nebensaison

In unserem großartigen Reiseführer habe ich von Bodrum gelesen und bin neugierig darauf geworden. Außerdem hat uns jemand in Istanbul im Kneipenviertel von Beyoglu von Bodrum vorgeschwärmt. Da wir jetzt wieder Richtung Norden fahren, zurück nach Istanbul, dachte ich, wir könnten da mal eben vorbei fahren. Jutta ist einverstanden und wir machen uns mit einem vollen Tank und einer fiesen Erkältung im Gepäck auf den Weg. Das Wetter wird zunehmend schlechter und kühler, je weiter wir nach Norden kommen. Sommer ade heißt es jetzt wohl.

Bis Bodrum ist es zu weit für eine Tagesetappe, deshalb ist Jutta schon wild am recherchieren. Mir wird es immer unwohler und natürlich bleibt es Jutta nicht verborgen. „Wie geht es dir denn?“, fragt sie und „Wie lange willst du noch fahren?“ „Lass uns mal noch ein paar Stunden machen.“, sage ich „wenn wir stehen geht es mir auch nicht besser und ich will noch gerne etwas weiter kommen.“ Irgendwann am Nachmittag schlägt Jutta dann einen guten Stellplatz auf einer Anhöhe in einem Wald vor. Damit bin ich einverstanden und wir fahren diesen Platz an. Gegen frühen Abend treffen wir ein und finden einen netten Stellplatz abseits der Straße und gehen früh schlafen. Der nächste Tag verläuft ähnlich, wir fahren lange und treffen am Nachmittag in Bodrum ein. Mit grippeähnlichen Symptomen, bei herbstlichem Wetter und kaputt von einem langen Reisetag hält sich meine Begeisterung von Bodrum in Grenzen.

Gibt aber trotzdem schöne Ecken

Der Campingplatz hat geöffnet, liegt fast direkt am Strand. Nur geschlossene Bars und Restaurants liegen noch zwischen uns. Trostlos ist es und es scheint ein Sturm aufzuziehen. Andere Camper sind kaum noch da. Ich lege mich erst mal ins Bett und versuche mich gesund zu schlafen. Jutta macht sich auf in eine Apotheke um ein paar Mittel zu kaufen, die Linderung verschaffen können. Dann testen wir uns das erste Mal seit langem auf Corona. Negativ.

Wir bleiben hier für drei Tage, machen kurze Spaziergänge und bei mir wird es ganz langsam etwas besser. Jetzt fängt es bei Jutta an mit Schnupfen und Husten. Nun bin ich für die Einkäufe und Tee kochen usw. zuständig.

Erst hat Jutta mich gepflegt, jetzt kann ich mich etwas revanchieren. Es gibt unter anderem Grießbrei mit Apfelmus. Den liebe ich, wenn ich krank bin.

Außerdem können wir die Zeit hier sehr gut nutzen, um mit Frau Docke von Travel Overland Kontakt aufzunehmen. Dort buche ich seit Ewigkeiten meine Flugreisen. Das habe ich schon länger vor und jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür. Ich habe mich ja nur bereit erklärt zurück zu fahren, ins Waterhole zu fahren, wenn wir nach Amerika verschiffen im neuen Jahr. Jutta recherchiert also fleißig Visaangelegenheiten und Einreisebestimmungen und ich schreibe Frau Docke per Mail an. Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, aber es geht darum, ob wir nach Halifax oder Baltimore verschiffen, ob wir ein Visum brauchen oder nicht. (Bei 90 Tage reicht das ESTA, für 180 Tage brauchen wir ein Visum. Dafür reicht aber die Zeit jetzt schon nicht mehr, da die Bearbeitung mehrere Wochen dauern kann und man persönlich bei der amerikanischen Botschaft vorstellig werden muss.) Mist, das haben wir schon mal gründlich verkackt.

Wie soll man denn bei so tollen Aussichten komplizierte Sachen planen wollen?

Seit dem 8. November wissen wir, dass wir in die USA einreisen dürfen. Auf diese Information haben wir sehr lange gewartet, uns dann aber doch nicht gleich um diese Angelegenheiten gekümmert. Jetzt ist die Zeit zu knapp, so dass nur noch die 90 Tage in Frage kommen. Letztendlich ist der Plan nach Halifax, Nova Scotia zu verschiffen und dann über Land in die USA einzureisen und nach 90 Tagen wieder auszureisen. Im Grunde ist die Route mein Plan und Jutta unterstützt mich dabei. Legt aber hier und da ein Veto ein und bringt ihre Schwerpunkte mit ein, so dass wir beide glücklich sind mit der ganzen Geschichte. Nach einigem Hin und Her haben wir dann auch ein Ergebnis und das ist überaus zufriedenstellend. Der Plan sieht in etwa so aus: Wir fliegen nach Halifax und nehmen dort LEMMY entgegen. Dann haben wir ca. 2 Wochen für Nova Scotia und Neufundland Zeit. Anfang Februar will ich dann in die USA einreisen und die Monate Februar, März und April in den USA verbringen. Ich möchte die Ostküste runter fahren bis nach Key West. Dann wollen wir rüber nach Westen bis Los Angeles und die Westküste wieder hoch fahren nach Kanada, nach British Columbia. Dabei wird natürlich viel Zickzack gefahren und es gibt keine Umwege. Danach haben wir dann noch etwa zweieinhalb Monate Zeit für Kanada. Ein Problem ist noch, dass ich nach Alaska will, aber unsere 90 Tage für die USA dann schon aufgebraucht sind. Aber das wird erstmal nach hinten verschoben. Kommt Zeit, kommt Rat. Und dann müssen wir natürlich auch wieder zurück an die Ostküste, denn die Rückverschiffung und der Rückflug geht wieder von Halifax nach Deutschland. Soviel zur Route und zur Theorie.

Jetzt zu den Fakten:

LEMMY wird am 10.01.2022 verschifft. Es geht von Hamburg nach Halifax. Dort soll LEMMY am 24.01.2022 ankommen. Wir fliegen dann am 14.01.2022 von Bremen nach Frankfurt und von Frankfurt nach Montreal und von Montreal nach Halifax. Zurück geht unser Flug dann von Halifax direkt nach Frankfurt am 13.07.2022, also sechs Monate später. So haben wir es gebucht und so haben wir auch gehofft, dass es kommen wird. Aber es wird mal wieder ganz anders kommen als erwartet.

Oder?

Nach der dritten Nacht fahren wir weiter Richtung Istanbul. Wie weit wir heute kommen ist noch nicht klar als wir losfahren. Es wird sich im Laufe der Fahrt klären. Ich plädiere für Izmir, dort soll es eine tolle Altstadt geben und einen sehr schönen Hafen. Ich stelle es mir ähnlich schön vor wie in Split in Kroatien. Warum ich es mir so vorstelle, weiß ich gar nicht so genau. Ich habe von Izmir gelesen und hatte irgendwie die Assoziation Split. Jutta hat nichts dagegen, also kann sie schon mal wieder schauen, wo wir dort umsonst oder günstig stehen können. Sie wird fündig. Direkt am Meer nah am Hafen. Der Parkplatz kostet zwar etwas, dafür ist die Lage top. Ein Glück, dass in der Platzbeschreibung von Park4night jemand dazu geschrieben hat, dass man leicht die Einfahrt verpassen kann. Was dann einen größeren Umweg bedeuten würde, um wieder hierher zurück zu kommen. Man müsste dann wieder über eine Brücke fahren und durch einen Tunnel und erneut versuchen die Einfahrt nicht zu verpassen. Mitten in der Einfahrt steht so ein verdammter Pfeiler und hätte ich nicht gewusst, dass man hier leicht vorbei fahren kann, wäre es mir mit Sicherheit passiert.

Wir machen einen kleinen Spaziergang und verlieren schnell die Lust. Die Altstadt sehen wir wenigstens von Ferne am Hang liegen, können uns aber nicht aufraffen dort hin zu pilgern. Bei mir wird es jeden Tag wenigstens ein kleines bisschen besser, bei Jutta wird es eher schlimmer. Wieder machen wir einen Corona Schnelltest. Wieder ist er negativ.

Ohne Izmir kennengelernt zu haben, fahren wir weiter. Aber ein Fähnchen werde ich setzen auf meiner Weltkarte. Ich bin rein, raus und durchgefahren und habe eine Nacht hier verbracht.

Es wird wieder ein langer Fahrtag, aber was spricht auch dagegen? Uns beiden geht es nicht besonders gut. Das Wetter, das uns vorher so verwöhnt hat, scheint uns nun im Stich zu lassen. Wir denken immer öfter mal an Weihnachten und freuen uns auf Schnee und auf Weihnachtsmärkte. Der Dezember steht vor der Tür und wir haben noch einiges vor. Wir wollen nach Sofia fahren, nach Bukarest, evtl. auch nach Budapest und/oder Prag. Hin und wieder ertappe ich mich dabei, wie ich an die vergangenen Weihnachten denke. Die verbringen wir immer zusammen mit Juttas Eltern, das sind Horst und Renate. Wir feiern bei ihren Eltern zuhause. Sonja und Lars sind auch immer dabei und bevor meine Ma gestorben ist (20.02.2020), da waren sie und mein Stiefvater Heinz auch mit von der Partie. Jetzt ist Heinz für ein paar Stunden immer noch mit dabei. Und es ist jedes Mal sehr schön in diesem Kreis zusammen zu sein an Weihnachten. Es wird lecker gegessen, getrunken, gespielt und es kommt zu schönen Gesprächen. Wenn es Zeit ist, dann nehmen wir ein Taxi zu uns nach Hause und in den letzten Jahren sind Sonja und Lars dann noch mit zu uns gekommen. Wir haben noch ein paar Stunden zusammen gesessen, bis wir dann schließlich irgendwann so müde waren, dass es ins Bett ging. Am nächsten Mittag gab es dann immer Gans mit Klößen und Rotkohl. Sonja und Lars bringen sich immer eine vegetarische Alternative mit. Ich hatte meistens noch einen ziemlichen Kater, aber danach ging es dann auch schon wieder ins Bett zum Mittagsschlaf.

Noch ein schöner Spruch, wenn kein Bild da ist, dass zur Geschichte passt 😉

Wie die weiteren Tage danach verliefen hing hauptsächlich davon ab, ob ich an den Feiertagen arbeiten musste oder nicht. Es kam häufig vor, dass ich an den Weihnachtstagen und Silvester gearbeitet habe. Dann ist auch im Theater eine ganz besondere Stimmung und es macht mir immer Spaß an diesen besonderen Tagen zu arbeiten. Habe ich allerdings frei, dann treffen wir unsere Freunde. MTV zum Beispiel, das sind Maddi, Torre und der Junior Vince. Oder Immi und Erdal. Das ist dann auch immer was Besonderes, wenn man sich um Weihnachten rum trifft und nicht an einem gewöhnlichen Wochenende. Und ich ertappe mich dabei, wie ich an die Vorbereitungen denke für Amerika. Ich nehme mir vor mindestens zwei oder drei Nachtschichten einzulegen, um mit meinem Blog voranzukommen. Ich will versuchen in Amerika nicht immer soviel hinterher zu sein, wie es jetzt im Augenblick der Fall ist. Ich liege um Wochen zurück. Das soll sich ändern.

Jutta bräuchte jetzt gar nicht zurück nach Istanbul, das macht sie wieder mal mir zuliebe mit. Für mich ist es sehr wichtig diese fantastische Metropole ein weiteres Mal, nunmehr das dritte Mal zu besuchen und nicht einfach vorbeizufahren. Das käme mir einem Verbrechen gleich. Auf der Fahrt in diese Megacity ist jetzt Thema zwischen Jutta und mir, wo wir mit LEMMY stehen werden. Denn es gibt zwei Möglichkeiten. Ich plädiere für den bereits bekannten Parkplatz, auf dem wir schon fast eine Woche gestanden haben, direkt am Marmarameer, in der Bosporuseinfahrt der Supertanker. „Aber da ist es jede Nacht so laut gewesen!“, bringt Jutta als Argument. „Ja das stimmt.“, sage ich „aber jetzt ist fast Dezember und bestimmt ist nun weniger los dort.“

„Ich habe aber einen anderen Stellplatz, der dort ganz in der Nähe ist. Dort ist es etwas teurer, aber dafür gibt es da auch eine Toilette und Dusche, eine Waschmaschine und mit Sicherheit ist der Platz nachts ruhig.“ Dort können einige Overlander stehen und sich das Vereinsheim mit einem Sportklub teilen.

Overlander- Stellplatz

Da ich schon sehr froh darüber bin, dass wir Istanbul überhaupt machen und es keine große Diskussion gibt, stimme ich zu. Wir kommen näher und ich bin begeistert ein weiteres mal über die Bosporusbrücke zu fahren. Dieses Mal allerdings von der asiatischen Seite, von Üsküdar rüber nach Europa. Wir fahren auch wieder über die Galatabrücke und vorbei an unserem alten Stellplatz, an dem wir vor Wochen standen, mit Dandovueltas und den ganzen Istanbuler Busfahrern. Allerdings verfehlen wir nun die Einfahrt zum neuen Stellplatz und was uns in Izmir noch so gut gelungen ist, verpatzen wir hier leider. Jetzt geschieht genau das, was für Jutta ein regelrechter Albtraum ist. Und tatsächlich habe ich schon Jahre bevor wir mit LEMMY nach Istanbul gefahren sind, zuhause davon geträumt, wie wir uns in den Gassen von Karaköy verfahren. Die Gassen sind extrem eng und steil und es fahren nur kleine PKW durch. Wir kannten diese Ecke von unserer ersten Istanbulreise. Aber bei mir war das nur ein Traum, nicht mal ein Albtraum. Jetzt allerdings lotst Jutta mich unbeabsichtigt und aus Versehen in das Gassenwirrwarr von Sultanahmet.

„Wo geht es lang?“, frage ich, nachdem wir die richtige Zufahrt verpasst haben. „Moment mal, ich glaube da rechts rein jetzt.“, sagt Jutta. Und dann war es auch schon geschehen. Ein Zurück gibt es hier nicht mehr. Wir befinden uns innerhalb der alten Stadtmauer und müssen einen Weg hinaus finden aus diesem Labyrinth. Eines der Probleme ist, dass hier alles Einbahnstraßen sind und Jutta auf MapsMe nicht genau sieht, wie der Verlauf weiter geht. Ein anderes Problem ist, dass Jutta extrem gestresst ist, obwohl ich entspannt bin und obwohl ich fahre. Sie entschuldigt sich ein ums andere Mal, dass sie mich in diese Situation gebracht hat. Ich versichere ihr, dass das alles kein Problem für mich ist. Im Gegenteil, ich habe sogar Spaß daran hier zu fahren, so was erlebt man auch nicht alle Tage. Ich denke gerade, dass ihr größtes Problem wahrscheinlich darin besteht, dass sie denkt, mir muss es jetzt genau so fürchterlich gehen, wie ihr in dieser Situation. Sie realisiert nicht, dass es mir mitnichten so geht, wie sie sich jetzt fühlen würde an meiner Stelle. Ein anderes Problem gibt es aber auch noch, die Enge der Gassen. Auf der einen Seite blockieren parkende Autos die Spur, auf der anderen Seite ist ein Bürgersteig für die Fußgänger. Dieser ist flankiert von Betonpollern, die die Fußgänger vor den durchfahrenden Autos schützen sollen. Sie sind etwa kniehoch. Der Bordstein misst auch noch mal so ca. 15-25 cm. Und die Gassen sind oben in der Mitte gewölbt. Das heißt, ich fahre hier mit einer nicht unerheblichen Schräglage und muss mich an den parkenden Autos vorbeimanövrieren. Jetzt kommt mir auch noch jemand entgegen, obwohl es eine Einbahnstraße ist, nicht ungewöhnlich übrigens in Istanbul,

Auch Straßenbahngleise und Fußgängerzonen werden als Durchfahrgelegenheit genutzt. In diesem Fall erwies es sich allerdings als außerordentlich glückliche Fügung. Denn als der Fahrer mich kommen sieht, fährt er rasch rückwärts, denn er war der deutlich Kleinere von uns Beiden. Er blieb allerdings in der Gabelung stehen und gestikulierte wild und deutet in meine Richtung. Dann steigt er sogar aus und ruft: „Problem, Problem…!“ Es dauert, bis ich verstehe was er meint. Durch meine Schräglage bin ich kurz davor mir die gesamte linke Seite von LEMMY durch die ollen Betonpoller aufzureißen. Wie damals die Titanic, als sie 1912 auf ihrer Jungfernfahrt über den Atlantik von einem Eisblock aufgeschlitzt wurde, weil er zu spät erkannt wurde. Ich bedanke mich über die Maßen, dass dieser aufmerksame Fahrer, dem ich sogar im Wege war, dem ich quasi die Tour vermasselt habe, mich vor diesem Unglück bewahrt hat. Ab jetzt geht es im Schritttempo und Zentimeter genau zwischen parkenden Autos und Betonpollern durch dieses Hindernis.

Was noch zu beachten war und die Spannung weiter steigerte, war LEMMYS Höhe von knapp drei Metern. Es gab niedrige Überhänge und Balkone an den Häusern, die wir auch im Blick haben mussten. Aber irgendwann gelang es uns mit einer Mischung aus meiner Intuition und Juttas Navigation aus diesem Labyrinth zu entkommen. Und ich muss wirklich sagen, dass es mir Spaß gemacht hat, dass ich es als Challenge und Herausforderung angenommen habe und dass es mich um eine Erfahrung reicher gemacht hat. Für Jutta war es purer Stress, aber erleichtert und glücklich waren wir beide, als wir noch einen der wenigen verblieben Stellplätze in Sultanahmet auf dem Overlander Wohnmobilstellplatz bekommen haben. Hier wird LEMMY für wenigstens drei Tage stehen bleiben, auf der anderen Seite der Altstadtmauer.

Zeit für die kleine Wäsche

Wir nutzen in Istanbul jedes Verkehrsmittel. Wir fahren mit dem Bus, nehmen die Straßenbahn und die Metro und wir fahren mit der Fähre von der europäischen Seite auf die asiatische Seite und zurück. Wir fahren mit dem Taxi, wenn es zu spät für die Metro ist oder wir zu bequem sind und nicht mehr umsteigen wollen von Metro auf Tram und Bus. Mit dem eigenen Fahrrad radeln wir durch Beyoglu und am Bosporus entlang, über die Galatabrücke und durch Sultanahmet, fahren hoch zum Taksim Platz und zurück. Mit dem Bosporusdampfer geht es bis fast bis ans schwarze Meer und zurück nach Istanbul in den Sonnenuntergang. Ach ja, wir laufen und laufen und laufen. Istanbul ist eine Stadt, die zu Fuß erkundet werden will. Wer nicht laufen mag, der kann auch woanders hin fahren.

Auch hier wird eine Nachtschicht eingelegt, diese Stadt inspiriert. Ich arbeite bis morgens früh an meinem Blog und entsprechend müde bin ich am nächsten Tag. Da fallen die Aktivitäten dann eben etwas sparsamer aus. Wir erkunden die Gegend um uns herum und stellen fest, dass die Lage hier sehr viele Vorteile bietet. Gute Verkehrsanbindung, Märkte und wildes Treiben um uns herum. Da wo wir neulich noch im Gassenwirrwarr mit LEMMY umherirrten, bummeln wir jetzt zu Fuß und überall sind Verkaufsstände aufgebaut.

Ein sehr cooles Spiel….wenn man erstmal die Regeln verstanden hat 😉

Bei nicht so gutem Wetter spielen wir endlich mal wieder Pandemic, ein Spiel, das aktueller nicht sein kann in dieser Zeit. Es ist ein Brettspiel und kann von 2 – 6 Personen gespielt werden. Das Besondere ist, dass man kooperativ spielt, gegen das Spiel. Man gewinnt im Team, oder man verliert im Team. Es geht darum eine Pandemie mit verschieden Experten in den Griff bekommen und jeder Experte hat Spezialfähigkeiten. Das ist nur eine ganz grobe Erklärung, damit ihr einen Eindruck bekommt.

Einmal nehmen wir die Fähre rüber nach Üsküdar, um dort etwas zu bummeln. Von Kadiköy aus fahren wir zurück. Es gibt so viel zu sehen und unsere Zeit ist einfach viel zu kurz. Aber einen Eindruck gewinnen wir, auch von der asiatischen Seite.

Yvonne, vom Layla on Tour Team hat uns in Kappadokien vom Pudding Café erzählt, davon hatte ich zuvor nie gehört. Das steht natürlich auch noch auf dem Plan und selbstverständlich darf eine Sache nicht fehlen, ein weiterer Besuch im ROCK N ROLLA.

Lieblingskneipe

Von unserer Basis in Istanbul bummeln wir erst mal zum großen Basar, vielleicht finden wir die leckeren Schoko-Mandeln wieder, die wir vor langer Zeit in Mardin gekauft haben. Ich würde mir gerne ein Kilo davon mitnehmen. Und tatsächlich finden wir einen Stand mit diesen und anderen Sweets. Wir bekommen auch sofort einen Chai gereicht und etwas zum Probieren. Ich frage, was denn die blauen Schoko- Mandeln kosten und die mit Zimtgeschmack. Der Verkäufer nennt mir einen Preis der viermal so hoch ist wie in Mardin, kurz vor der syrischen Grenze. Ich frage ihn, ob er mir einen anderen Preis machen kann und schlage direkt den Preis vor, den ich dort bezahlt habe. Er sagt nur noch, wir sollen uns unseren Tee schmecken lassen und wendet sich ab. Wir verlassen den großen Basar ohne ein Geschäft abzuschließen und fahren zwei Stationen mit der Tram zum Pudding Café, das sich ganz in der Nähe der Hagia Sophia befindet.

Pudding gibts hier aber nicht!

Schon von weitem ist PUDDING SHOP in leuchtenden Lettern zu lesen, darunter steht LALE RESTAURANT. Das muss wohl gemeint sein und es sieht einladend aus. Da wir noch nichts gegessen haben beschließen wir es nicht nur von außen zu betrachten, sondern auch die Küche zu probieren. Danach wollen wir noch weiter ins ROCK N ROLLA. Dann gibt es die leckeren Kroketten aus dem ROCK N ROLLA eben erst morgen, an unserem letzten Abend. Da will ich dann noch ein paar Bierchen trinken bei guter Musik und mich von Istanbul verabschieden. Aber erst mal werden wir hier überaus freundlich empfangen und ich werde sogleich gefragt, ob ich denn schon mal hier gewesen bin. Ich verneine, mit Sicherheit nicht, in Istanbul schon, aber nicht im Pudding Café. Wir werden an die Glasvitrine gebeten, um uns etwas aus den gebotenen Köstlichkeiten auszusuchen und finden das Essen ganz gut, aber auch nicht besonders. Das Besondere an diesem Ort ist, dass sich schon in den 70er Jahren viele Globetrotter hier getroffen haben um sich auszutauschen oder eine Fahrgelegenheit zu finden. Entweder weiter nach Indien oder Nepal oder aber auch wieder zurück in die Heimat.

Noch immer hängen Zettel mit verschiedenen Anfragen im Fenster und man kann sein Glück auf eine Mitfahrgelegenheit suchen. Schon im Time Magazin wurde damals über dieses Café berichtet. Wir bewundern auch die alten Fotografien von dem Platz vor dem Café, wo man früher direkt mit seinem alten Bulli vor der Tür parken konnte. Die Zeiten haben sich geändert, heutzutage parkt hier niemand mehr.

Nach dem Essen geht es weiter zur Straßenbahn und danach in die Metro. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man sich in so einer Metropole auskennt und nicht immer gucken muss, wo es lang geht und wo fährt eigentlich der Bus? Mit der Istanbulkart, die wir noch in der Brieftasche hatten, können wir alle Verkehrsmittel nutzen. Wir mussten nur das Guthaben am Automaten aufladen. Eben mit der Tram über die Galatabrücke, dann kurz in die Metro zum Taksim Platz und der Rest bis ins ROCK N ROLLA wird gelaufen. Wir werden sofort wieder erkannt und herzlich reingebeten.

Die kleine, nette Bardame, die mir damals das T-Shirt geschenkt hat, fragt auch sofort: „Two Tuborg Gold?“

Wir verbringen hier einen schönen vorletzten Abend bei kaltem Bier und guter Musik und reden über das was als Nächstes folgen soll. Klar ist, wir wollen von hier nach Sofia fahren und danach nach Bukarest, alles andere wird später entschieden. Irgendwann werden wir müde und fahren wieder zurück nach Hause.

Ein bisschen traurig bin ich schon, als der letzte Tag in Istanbul anbricht, aber ich bin es gewohnt Abschied zu nehmen von faszinierenden Städten. Der letzte Abend wird relativ kurz gehalten im ROCK N ROLLA und nach den besten Kroketten der Welt und wenigen Bieren geht es schon wieder nach Hause, denn morgen wird ein langer Fahrtag und ein Grenzübertritt steht an. Ach ja, die Sache mit dem Strafzettel müssen wir an der Grenze beim Custom Service ja auch noch erledigen. Ich genehmige mir noch ein Abschiedsbier auf unserem jetzt auch von mir recht liebgewonnenen Stellplatz und Jutta macht sich bettfertig. Cheers!

Los geht’s. Doch bevor wir auf die Straße rollen, leeren wir den Abwassertank, füllen Frischwasser auf und leeren den Peetank. Eine Dusche gönnen wir uns auch noch im Vereinsheim und dann nichts wie rauf auf die Straße. Bye Bye Istanbul, du Schöne, du beeindruckende Bosporusmetropole, du einzige Stadt auf zwei Kontinenten.

Immer neue interessante Ecken (Beyoglu)

An der Grenze verläuft alles planmäßig. Es wird sogar im Computer gesehen, dass noch eine Rechnung offen ist. Jutta bekommt einen Zettel in die Hand gedrückt mit dem Hinweis, diese Gebühr an dem nächsten Häuschen zu bezahlen. Es waren in etwa 0,75 Euro. Das kann nur noch ein Restbetrag sein von einer Brücke oder Mautstraße, die mit dem HGN Aufkleber auf meiner Windschutzscheibe noch nicht abgegolten war. Das kann aber nicht der Strafzettel von ca. 30 Euro gewesen sein, für mein zu schnelles Fahren. Jutta fragt nach, ob sonst noch was ist und bekommt zur Antwort, das sonst alles klar sei. Den Strafzettel in ihrer Handtasche zeigt sie hier dann nicht mehr vor.

Bis zum späten Nachmittag fahren wir, aber bis Sofia kommen wir heute nicht mehr. Wir wollen auch nicht erst im Dunkeln ankommen und deshalb hat Jutta von unterwegs schon bei einem Engländer in Bulgarien ein Nachtlager klargemacht, das Sakar Hills Camping. Er hat in seinem Garten ein paar Stellplätze und es kostet nicht viel. Dafür stehen wir sicher und das ist Jutta immer besonders wichtig, wenn wir in ein neues und unbekanntes Land kommen. Wir finden ohne Probleme hin und ein einsamer Motorradfahrer steht mit seinem Zelt auch schon dort. Wir sind froh im beheizten LEMMY die kalte Nacht verbringen zu können und fragen uns, was macht man Anfang Dezember mit dem Motorrad und Zelt in Bulgarien?

Stellplatz Sofia

Ausgeruht geht es nach einem ausgiebigen Frühstück und ohne Eile weiter nach Sofia und am späten Nachmittag erreichen wir unser Ziel und parken LEMMY direkt in der Innenstadt am Vasil Levski National Stadium. Aber einen Spaziergang will ich unbedingt noch machen. Wir laufen drauf los und sehen schon von weitem die riesige St. Alexander Nevski Kathedrale.

Überall hängen auch schon Weihnachtsdekorationen über den Straßen und einen Weihnachtsmarkt hinter einem Bretterzaun erkennen wir auch. Sofia macht auf uns erst mal einen ganz angenehmen Eindruck. Nach einer langen Fahrt und einem kurzen Spaziergang beenden wir den Tag.

Besonders viel sehen wir nicht von Sofia, aber was wir sehen gefällt uns gut. Wir klappern ein paar Touristen Hotspots ab und lassen uns auch mal treiben. Schnee liegt in der Luft, mag aber noch nicht so richtig fallen. Vielleicht morgen.

In einer Straße fällt mir ein Kiosk auf, der liegt im Keller. Als wir dort vorbei laufen sieht es aus wie ein großer, aufgeklappter Kühlschrank und der Verkauf findet aus dem Kellerfenster durch den geöffneten Kühlschrank statt. Sensationell.

Cool, oder?

Um Sofia herum entdecken wir von hier aus verschneite Berge und wir sehen große Kontraste zwischen arm und reich. Ein betrunkener Mann torkelt uns entgegen und legt sich direkt vor uns auf die Klappe. Er ist über einen Bordstein gestolpert und sieht recht schlimm aus. Der Mann ist überall verbeult und das ganze Gesicht ist voller Blutergüsse. Er wird schon des öfteren gefallen sein und rappelt sich gerade wieder auf. Er setzt sich und wir beobachten das Ganze um Zeit zu gewinnen, um zu entscheiden, ob wir etwas tun müssen. Er redet mit sich selbst, scheint seine Umwelt garnicht richtig wahrzunehmen und bleibt sitzen. Wir gehen bedrückt weiter.

Sofia

Gegessen haben wir auch noch nicht und deshalb halten wir Ausschau nach einem ansprechendem Restaurant und schon laufen wir an einem vorbei. Es ist ein vegetarisches Künstlerlokal, Daorganic Art Space & Natural Food Restaurant. Es sieht einladend aus und Jutta ist begeistert von ihrem Gericht und ich finde meines so lala. Aber die Objekte und Bilder in dieser Location gefallen mir sehr gut, besonders ein Schild finde ich super und auch sehr treffend: „Life is like riding a bicycle, to keep your balance you must keep moving“,

Ich habe im Internet eine coole Rock Kneipe entdeckt, die Adams Rock Bar. Aber als wir dort ankommen, klebt ein Zettel an der Tür: „Closed because of Covid“. Das ist nicht das erst Mal, dass ich vor verschlossenen Türen stehe, wenn ich mal eine verheißungsvolle Bar im World Wide Web entdeckt habe. Zum Glück sehe ich in der gleichen Straße, quasi next door eine andere Bar, die Vitamin B Bar. Dort kehren wir ein und probieren uns ein wenig durch die riesige Auswahl des Biermenüs. Hier zählen wir mal die Länder durch, die wir bereits bereist haben und kommen auf 60, d. h. Rumänien wird Nr. 61 werden. Wir reden auch über Corona, denn wir haben uns die letzter Zeit häufig getestet, zum Glück immer negativ. Es besteht evtl. die Möglichkeit sich hier in Sofia eine Booster-Impfung verabreichen zu lassen. Wir wollen das morgen versuchen, bevor wir weiter fahren nach Bukarest. Die Grippesymptome haben uns aus ihren Fängen entlassen und es geht uns viel besser als noch vor einigen Tagen. Nach der Bierverkostung gehen wir wieder zurück nach Hause zum Stadion und haben doch noch eine ganze Menge Eindrücke von Sofia mitgenommen. Der Weihnachtsmarkt allerdings bleibt uns verwehrt, denn unser digitaler Impfausweis wird nicht anerkannt und die gelben internationalen Impfpässe liegen im Auto.

Als wir am Morgen aufstehen ist um uns herum alles weiß und es schneit. Das ist ein schöner Start in den Tag. Wir fahren sofort nach dem Frühstück zu dem Krankenhaus, wo ein Impfzentrum eingerichtet wurde. Nach etwas längerer Parkplatzsuche finde ich endlich einen Platz, von wo es gerade noch akzeptabel ist zu laufen. Leider bin ich etwas zu dünn angezogen und friere schnell, aber nützt jetzt nichts. Wir ziehen unseren Plan durch und versuchen eine Booster Impfung zu bekommen. Nach kurzer Suche finden wir hinter dem Krankenhaus einen Container, der wohl das Impfzentrum ist. Nur zwei Leute stehen in der Schlange vor uns, obwohl da ja von Schlange keine Rede sein kann. Wann spricht man eigentlich von Schlange? Wie viele Leute müssen es sein, dass dieses Wort angebracht ist? Ich habe keine Zeit mir darüber Gedanken zu machen, denn wir müssen einen Zettel ausfüllen und dann geht auch schon die Tür auf und wir sind dran. Die nette Ärztin hat die Spritze schon fast in der Hand, doch sie fürchtet, weil wir Ausländer sind, könnte es Schwierigkeiten mit der Registrierung geben und damit, dass die Impfung für uns und in unserem digitalen Impfnachweis anerkannt wird. Sie telefoniert und fragt an anderer Stelle nach und wird in Ihrer Vermutung bestätigt. No foreigners, unfortunatly. Wir bedanken uns und ziehen weiter, dem ersehnten Piks so nah. Aber wir nehmen uns vor es in Rumänien erneut zu versuchen. Es gibt sowohl in Bulgarien, als auch in Rumänien Impfstoff in Hülle und Fülle, denn die Bevölkerung dort ist sehr zurückhaltend und skeptisch den Impfungen gegenüber.

Zur Stärkung gibt es noch schnell eine kleine Pizza auf die Hand und schon sitzen wir wieder im Auto, um von Bulgarien nach Rumänien zu fahren. Von der einen Hauptstadt Sofia in die andere Capitalcity Bukarest. Was sofort auffällt, nachdem wir die Grenze überquert haben und damit Land Nr. 61 bereisen, sind die schlechten Straßen. Die Formalitäten an der Grenze gingen überraschend schnell. Wir passieren ein kleines Grenzhäuschen mit zwei Fenstern direkt nebeneinander. Links sitzt eine junge Dame, rechts neben ihr ein nicht mehr ganz so junger Mann. Sie checkt uns aus Bulgarien aus, er checkt uns in Rumänien ein. So habe ich das auch noch nie erlebt. Er ist auch ein wenig der Sprücheklopfer und scheint ihr imponieren zu wollen.

St. Alexander Nevski Kathedrale. Sofia

Wir wollen nur eins und zwar schnell über die Grenze, denn wir haben noch viel Strecke vor uns. Diesmal wird es dunkel bevor wir ankommen. Doch ich will trotz der schlechten Straßen (schlechter als in Georgien) ankommen in Bukarest und nicht vorher irgendwo eine Zwischenübernachtung einlegen. Jutta ist eigentlich dagegen, zieht aber mit. Ziemlich erschöpft erreichen wir Bukarest. Die Fahrt war sehr anstrengend und das Wetter war schlecht. Es hat geschneit und doll geweht. Trotz kilometerlanger und weihnachtlich beleuchteter Straße war es ein kleiner Kraftakt, bei viel Verkehr, schlechter Sicht und schlechten Straßenverhältnissen hierher zu kommen. Umso glücklicher sind wir, heil angekommen zu sein in Bukarest, auf einem Parkplatz, dem „Vereinigungsplatz“, der verhältnismäßig teuer ist, dafür aber direkt an die Altstadt grenzt. Es geht in nur zwei Minuten über den Dambovita Fluss und schon ist man mitten in der Altstadt. Das steht zumindest so auf der Karte, die wir vom Parkplatzwächter bekommen. Denn heute machen wir gar nichts mehr, außer etwas essen und schlafen.

Nicht schön, aber zentral und safe!

Hier wütet das Virus noch so richtig. Das ist überall zu spüren. Ohne Maske geht gar nichts und viele Läden haben den Außenbereich so hergerichtet, dass es coronakonform ist. Es gibt durchsichtige, beheizte Plastikkugeln, in denen man separiert Kaffee trinken kann. Dann gibt es anderswo gläserne Trennwände zwischen den Tischen. So hat jeder Wirt versucht Vorkehrungen zu treffen, damit er seinen Kunden einen möglichst sicheren Aufenthalt bieten kann und die Behörden zufriedengestellt sind. Bukarest sei hässlich, höre ich auch schon mal. Doch das kann ich so nicht bestätigen. In der Altstadt ist vieles baufällig und es gibt viel Leerstand, was den Gesamteindruck trübt. Doch erkenne ich auch den Charme der Stadt, der sich wie in vielen anderen Städten erst auf den zweiten Blick offenbart.

Wir erlaufen uns hier tatsächlich nur den Altstadtbereich und sehen ansonsten nicht viel von Bukarest. Am zweiten Abend will ich aber unbedingt in den „Private Hell Club“ gehen. Das ist eine Metal Kneipe und die wird ja verdammt nochmal nicht auch geschlossen haben. Am Tag haben wir schon alles ausgekundschaftet, so dass wir genau wissen, wo welche Bar ist und wie lange es dauert von unserem Parkplatz aus dahin zu kommen. Der Laden hat auf, aber es spielt sich alles draußen vor der Tür ab. Lediglich zum Getränkeholen geht man mit Maske an die Bar. Draußen gibt es Stühle, Tische und Heizpilze und etwa ein Dutzend Metalheads. Die Musik ist laut und gut. Das Publikum ist überwiegend jung bis sehr jung, doch wir sind nicht die Ältesten. Selbstverständlich fallen wir auf und werden „unauffällig“ beäugt von den Stammgästen. Einer spricht uns an, ein Typ mit langen Haaren etwa in unserem Alter. Woher kommt ihr, wohin wollt ihr und so das Übliche wird gefragt und wir erzählen gerne und beantworten bereitwillig alle seine Fragen. Dann will ich noch ein weiteres Bier holen und höre mit Schrecken, „Last order!“. Es ist noch nicht mal neun Uhr, doch wegen dem scheiß Virus müssen alle Läden schon sehr früh zur Sperrstunde schließen. Was soll’s, nicht zu ändern.

Two local beer please!

Mit zwei großen Flaschen kehre ich zurück unter den Heizpilz und berichte Jutta was los ist und sie findet es gar nicht so schlimm. Im Gegenteil, sie freut sich, dass es früh nach Hause geht. Ich habe mich damit abgefunden, denn mein eigener Kühlschrank ist ja auch gut gefüllt. Bevor unser Bier leergetrunken ist, kommt der Langhaarige von vorhin zu uns mit drei Shotgläsern in der Hand. Er reicht uns jeweils eines davon, das Dritte behält er für sich. Er bedankt sich dafür, dass wir hier sind und es hat ihn gefreut uns kennengelernt zu haben und darum gibt es jetzt zum Abschied einen Absinth. Cheers!

Wir verlassen mit einem sehr guten Gefühl Bukarest, halten nur noch kurz beim Hard Rock Café, das etwas abseits der Altstadt liegt, an, um im Merch Shop nach T-Shirts zu gucken. Früher habe ich mir in jedem HRC ein T-Shirt gekauft, manchmal auch einen Hoodie oder etwas anderes, aber gekauft werden musste immer etwas. Außer natürlich, bei für meinen Geschmack, unattraktiven Zielen, wie beispielsweise Pattaya, Marbella, Ibiza, Orlando oder so ähnlich. Die Ziele sind vielleicht nicht mal so unattraktiv, aber ich denke in Schubladen und packe dann alles zusammen in diese Schublade und will von dort dann kein Souvenir haben. Jedenfalls ist es jetzt nicht mehr so wie früher und ich kaufe nur noch dort etwas, wo mir auch das Motiv auf dem Shirt gefällt. Ist das nicht der Fall, dann kann der Standort ganz fantastisch sein, aber ich kaufe trotzdem nichts. Hier finde ich leider kein T-Shirt was mir gefällt, aber ich sehe eine schwarze, ganz kuschelig weiche Wolldecke. Die muss ich haben und damit kaufe ich nicht nur ein HRC Andenken aus Bukarest, damit kaufe ich eine Bereicherung für unsere weitere Reise. Eine Decke die mich wärmen wird, wenn es im Winter kalt ist im Camper. Eine Decke die ich mir über meine Bettdecke legen kann, wenn sie mich nicht ausreichend wärmt. Eine Decke, die mich Abends am Lagerfeuer warm hält oder morgens, wenn es friert, aber die Sonne scheint und wir den Kaffee draußen trinken wollen. Sehr zufrieden mit mir und dem Beginn des neuen Tages, knipse ich noch beim Verlassen des Merchandising Bereichs im HRC Bukarest den schön geschmückten Weihnachtsbaum und wir machen uns auf den Weg zum Dracula Schloss.

Schloss Bran ohne andere Touris, sehr cool!

Das Tolle abseits der Saison zu reisen ist, abseits vom Touristentrubel zu reisen. Vom Schloss Bran habe ich schon im Fernsehen Berichte gesehen, wie sich die Menschenmassen von einem Zimmer ins Nächste drängen. Wir sind hier fast ganz alleine unterwegs. Das Schloss gehört uns. Wir können gemütlich, in unserem Tempo alles unter die Lupe nehmen. Wir können die relativ neuen Multimedia Beiträge ungestört genießen und Fotos machen, ohne das dauernd jemand ins Bild läuft. Es ist fast ein bisschen unheimlich, so alleine hier durch das alte Gemäuer zu streifen.

Als Horrorfilm Fan ist es für mich ein besonderes Vergnügen und am liebsten würde ich auch nach dem Besuch vom Grafen unten noch in das „House of Horror“ gehen. Das soll noch viel besser und gruseliger sein als das Dracula Schloss. Doch da macht Jutta nicht mit. Ich berichtete bereits darüber, wie wir in Patpong auf Phuket in so einem Horror House waren. Das wird Jutta im Leben nicht wieder machen und all meine Überredungsversuche scheitern. „Geh doch alleine da rein!“, bekomme ich immer wieder zu hören, doch wo bleibt da der Spaß? Ich will es doch teilen dieses Vergnügen, mich ergötzen daran, wie der Andere sich erschreckt, will selber den Nervenkitzel spüren und zusammenzucken, wenn da plötzlich eine Schreckgestalt vor mir auftaucht. Ist doch langweilig, wenn das niemand miterlebt. So lassen wir das House of Horror leider aus und fahren weiter zur Transfagarasan.

Die Transfagarasan ist eine Scenic Route, die leider im Winter oft gesperrt ist bzw. zum Teil gesperrt ist. Wir haben verabredet (da es mir sehr wichtig ist die Route zu fahren) soweit wie möglich zu kommen und erst dann umzudrehen, wenn es nicht mehr weiter geht. Schnee hatten wir ja auch schon etwas, aber hier erhoffe ich mir noch viel mehr Schnee, denn jetzt habe ich Lust bekommen auf Winter, auf richtigen Winter.

Man kann nicht alles haben….

Nicht auf solche Winter, wie wir sie in Norddeutschland kennen, dort sind es im Grunde keine richtigen Winter. Ich kenne da nur zwei Jahreszeiten, Frühling und Herbst. Richtig tolles Winterwetter mit Schnee, Kälte und Sonne gibt es fast nie. Auch die Sommer enttäuschen in der Regel, wobei ich da sagen muss, dass ich in den Sommerferien immer außer Landes bin. Aber vor und nach den Sommerferien kriege ich schon alles mit, was da wettertechnisch abgeht im Norden. Aber egal, das soll jetzt gar nicht Thema sein. Wir machen uns nach dem Kaffeekränzchen mit Dracula auf zur Transfagarasan und finden, dass Rumänien einiges zu bieten hat. Wir sind ja eigentlich nur auf der Durchreise, wollen zurück ins Waterhole, um dann alles in die Wege zu leiten für den zweiten Teil unseres Abenteuers. Für die Reise über den Atlantik. Wir merken, dass wir diesem Land in keiner Weise gerecht werden. Wir hetzen hier durch und lassen soviel Schönes am Wegesrand außer acht. So geht das nicht und wir müssen hier wieder herkommen mit mehr Zeit. Aber jetzt ist die Situation eben wie sie ist und wir haben eine Verabredung im Waterhole. Wir wollen zu Weihnachten bei Juttas Eltern sein. Wir wollen Sonja und Lars wieder sehen und gemeinsam Weihnachten feiern, wie wir es in den letzten Jahren immer gemacht haben. Auch mein Stiefvater Heinz hat schon das stolze Alter von 92 Jahren erreicht und wer weiß, wie viele Weihnachten er noch erleben darf. Wir freuen uns auch auf unsere Freunde, wollen viele von Ihnen treffen. Doch auch da wird Einiges anders kommen als geplant. Ich schweife schon wieder ab, Rumänien ist ein tolles Reiseland und durchaus eine ganze lange Reise wert. Das ist uns schon nach kurzer Zeit klar geworden. Wir fahren eine Kurve nach der Anderen und die Sonne scheint. Es ist eine Traumstrecke auch für Biker, dass kann ich beurteilen, da ich früher selber Motorrad gefahren bin. Allerdings nicht im Winter. Je höher wir kommen, desto mehr Schnee liegt auf der Straße und tatsächlich kommt es so, wie es kommen musste. Da steht ein Schild an der Straße: „Durchfahrt verboten!“ Der Pass ist gesperrt.

Widerwillig drehe ich um. Unzufrieden bin ich auch, denn jemand Anderes kommt genau aus der Richtung, wo die Straße gesperrt ist. Ich hadere mit mir und mit Jutta, die natürlich fürs Umdrehen plädiert. Wir wussten es eigentlich und haben auch damit gerechnet. Schon von Oktober an bis März, glaube ich, soll der Pass dicht sein. Zu groß ist die Lawinengefahr und Geröllabgang. Trotzdem denke ich, wir könnten es doch einfach probieren. Wird schon gutgehen, so ist mein Motto. Doch Jutta setzt sich durch und ich gebe klein bei. Wir finden Unterschlupf auf einem zugeschneiten Parkplatz bei einem Restaurant. Eigentlich sind sie dort nicht darauf eingestellt Gäste zu beherbergen, aber wir wollen ja auch nur dort parken. Es wird kurz mit dem Chef telefoniert und dann heißt es: „Na klar könnt ihr dort stehen bleiben.“ 10 Euro soll es kosten und wir sind einverstanden, weil wir nicht mehr weiter fahren wollen und ich immer noch Hoffnung habe, dass morgen alles anders ist und der Pass wie durch ein Wunder freigegeben wird. Wir freuen uns auf jeden Fall in so einem weißen Winterwonderland zu stehen und genießen den Abend bei einem Wein, Käse und Kräckern und einem guten Film. Hier passt sehr gut „Mount Everest“, den habe ich schon mal in Leipzig im Kino gesehen und auch das Buch von Jon Krakauer habe ich verschlungen. Es geht um die Mount Everest Expedition im Jahr 1996 an der Jon Krakauer teilgenommen hat, um im Time Magazin darüber zu berichten. Dies war ein schwarzes Jahr in der Geschichte der Everest-Besteigungen, denn selten oder gar nie zuvor gab es so viele Todesfälle in einer Saison. Ich kann dieses Buch uneingeschränkt empfehlen.

LEMMY im Winterwonderland

Als wir am nächsten Morgen aufbrechen wollen, kommt der Gastwirt raus und will sich von uns verabschieden. Ich halte kurz an und er fragt ob alles in Ordnung war. „Ja klar, alles bestens,“, sage ich. Fast habe ich das Gefühl, dass er ein schlechtes Gewissen hat wegen der 10 Euro, die er uns abgeknöpft hat. Wahrscheinlich hatte er damit gerechnet, dass wir noch bei ihm duschen wollen und evtl. im Restaurant zu Abend essen und wohlmöglich sogar Frühstücken. Hätte er geahnt, dass wir nur dort parken wollen, ohne jeglichen Service in Anspruch zu nehmen, dann hätte er vermutlich nichts verlangt. Aber egal, wir sind zufrieden so wie es ist und ich frage mit einem Fünkchen Hoffnung; „Der Pass rüber nach Sibiu ist gesperrt, richtig?“

„Ja, der Pass ist im Winter gesperrt.“

Jetzt kann ich entspannt und nichts unversucht gelassen zu haben, umdrehen und den Weg, den wir gekommen sind zurückfahren. Nach Hermannstadt, so hieß Sibiu früher, soll es trotzdem gehen. Die 20 Kilometer, die mir über die Passhöhe fehlen werden irgendwann im Sommer nachgeholt. Jetzt sehen wir ganz andere Perspektiven auf der Route, die wir gestern in der anderen Richtung gefahren sind. Und das Allerbeste kommt noch. Ich sehe aus einiger Entfernung ein Auto stehen, mitten auf der Straße. Das muss doch einen Grund haben. Und dann sehen wir den Grund. Direkt am Waldrand an der Straße sind drei Bären. Eine Bärenmutter mit ihren zwei kleinen Bärenkindern. Ich schalte das Warnblinklicht an und halte dort, wo das andere Auto langsam weiter fährt. Sie haben genug gesehen, jetzt sind wir dran. Die Bärenmama ist im Wald und beobachtet uns genau, sie lässt uns nicht aus den Augen. Eines der Bärenkindern kommt zu mir ans Auto und setzt sich auf die Straße, schaut mich an und spricht mit mir. Das ist ein unglaublicher Augenblick. Ich fahre meine Fensterscheibe runter und spreche zu dem Bärenkind. Es antwortet und ohne einander zu verstehen, fahren wir nach einigen Minuten weiter. Ich hatte zuvor schon in Kanada Bären in freier Wildbahn gesehen und auch im Yosemite National Park in Kalifornien, aber nie zuvor war die Begegnung so intensiv.

Bärenmama mit ihren beiden Jungen

Als wir dann weiter fahren, gibt es plötzlich eine Warnmeldung auf unseren Handys. Ich fahre und kann auf meinem Mobilphon nicht nachschauen und Jutta tippt sofort auf die Meldung, die danach nicht mehr zu lesen ist und einfach verschwindet. Sie vermutet einen Unfall vor uns. Vorher in Kappadokien haben wir von den anderen Globetrottern erfahren, dass alle ,auch Touristen, im Land so vor Gefahren gewarnt werden können. Jetzt wird das wohl so eine Warnung gewesen sein, spekulieren wir. „Ist egal!“, meint Jutta „wir fahren sowieso gleich rechts ab und nehmen eine schöne kleine Bergstrecke!“ Auf dieser Passage komme ich mal wieder voll auf meine Kosten, denn es geht auf unbefestigten Dirtroads weiter. Wir sehen viele Dörfer, die weit abgeschnitten sind von der Außenwelt. Die Bewohner müssen beschwerliche Wege auf sich nehmen, um z. B. einzukaufen oder zum Arzt zu kommen. Und ich fahre hier zum Spaß durch und freue mich etwas Offroadfeeling zu haben. Die Menschen, die hier leben wären vermutlich glücklich über eine geteerte Straße oder sogar über eine Schotterpiste. Wie verrückt ist das doch alles und ich komme wieder ins Grübeln. Dankbar für alles, was wir haben und erleben dürfen, fahre ich weiter und werde versuchen meine Eindrücke irgendwie zu ordnen und zu sortieren. Das wird eine ganze Weile dauern.

Auf der Transfagarasan haben wir zuvor an einem Straßenstand eine ganze Stange kleine Brezeln gekauft, für den kleinen Hunger zwischendurch. Die waren aber schon relativ trocken und schmeckten nicht mehr so ganz lecker. Dort gab es auch Gläser zu kaufen, die mit einer bunten Paste gefüllt waren. Da wollte ich schon wissen, was da drin ist und fragte nach. Nutella, bekam ich zur Antwort. Jetzt sehen wir auch wieder wilde Hunde und ich denke: „Den Beiden dort draußen können wir doch unsere Brezeln geben, die werden sie liebend gerne nehmen. Wir halten und verfüttern die Brezeln an die Hunde und danach schaue ich mal auf mein Handy. Ich habe ja dieselbe Warnmeldung (die Jutta so schnell weggetippt hat) auch bekommen und jetzt sind wir schlauer. Ich entsperre mein Handy und die Meldung ploppt auf. Jutta fotografiert sie mit der Übersetzter App ab, da sie ja auf rumänisch ist. Es war eine Gefahrenmeldung, dass man auf einem bestimmten Abschnitt der Transfagarasan nicht das Auto verlassen soll. Es wurden drei Bären gesichtet.

Das Bunte soll Nutella sein…

Sibiu erreichen wir am späten Nachmittag und der Park4night Platz ist voll. Wir stehen in einer langen Schlange. Diesmal ist der Begriff gerechtfertigt, denn es stehen mindestens ein Dutzend Autos vor uns. Jedes Mal wenn ein PKW rausfährt, kann ein Anderer durch die Schranke hinein. Jutta will schon nach einen anderen Parkplatz suchen, doch die Lage hier ist zu perfekt und ich dränge zur Geduld. Wir sind wieder direkt im Altstadtbereich und selbst wenn wir hier eine halbe Stunde oder länger warten, dann wird es sich auszahlen. „Aber kommen wir dann auch in die engen Parklücken?“, ist Juttas Sorge und ich versichere ihr, dass wir eine finden werden die passt. Und das Warten hat sich gelohnt. Nach ca. 25 min. stehen wir an der Schranke und es fährt jemand runter und wir können drauf. Die erste Parklücke, die wir sehen passt. Check. Bis in die Altstadt ist es ein Katzensprung und wir ziehen sofort los. Das Wetter spielt mit und wir haben eine verschneite, schnuckelige und weihnachtliche Altstadt vor uns. Wir spazieren am wunderschönen Weihnachtsmarkt vorbei, der Zaun ist niedrig und wir sehen wie die Kinder Schlittschuh laufen und die Erwachsenen an den Buden und Ständen stehen. Wir suchen uns ein nettes Restaurant aus, wo wir einen schönen Ausblick haben. Ich bestelle mir nach langer Zeit mal wieder ein schönes Filetsteak mit Bratkartoffeln und Gemüse an einer Pfeffersoße. Dazu ein großes local beer.

Weihnachtsstimmung kommt

Auf dem Weg über den Weihnachtsmarkt haben wir einen Container gesehen, in dem arbeitswillige Ärztinnen hinter einer riesigen Glasfront saßen, die aber nichts zu tun hatten. Nach dem Essen haben wir dort angeklopft und wurden sofort reingebeten. Wir haben gefragt, ob wir uns hier boostern lassen können und wieder waren wir soo kurz davor. Doch auch hier sind die bürokratischen Hürden zu hoch. Wir hätten hier, wie auch in Sofia, sofort den Piks bekommen können, doch wäre er international nicht anerkannt worden. Wir hätten also den Schutz gehabt, doch wir wollen weiter reisen, wollen in die USA und nach Kanada, wo die Auflagen besonders hoch sind. Also versucht Jutta von unterwegs am Waterhole eine Boosterimpfung für uns zu organisieren.

Budapest und Prag haben wir bereits von unserer Liste gestrichen. Wir hatten Einladungen von unserer neuen Reisebekanntschaft aus Griechenland erhalten, Helmut und Katrin. Wir könnten doch dort auf unserem Rückweg ins Waterhole vorbeikommen. Schließlich waren wir uns bei unserem ersten Treffen an den Meteoraklöstern auf Anhieb sehr sympathisch. Während unserer gesamten Reise bin ich immer wieder in Kontakt mit Helmut und er liest meinen Blog sehr gründlich und teilt mir mit, was er davon hielt. Er macht mir Mut weiterzuschreiben und motiviert mich. Manchmal gibt es ausführliche Rezensionen und er beschreibt ganz genau, was er bei manchen Passsagen, die ich durchlebt und beschrieben habe, gefühlt hat. Das gibt mir viel und dafür bin ich ihm auch sehr dankbar. Also kündigen wir schon mal einen Termin an, an dem wir vermutlich in Deutschland einreisen werden.

Auch bei Manfred und Achim aus Nürnberg sind wir eingeladen. Die beiden kennen wir von einem Oman Treffen, das im Jahr 2019 stattgefunden hat. Dort sind Leute, die dasselbe Fahrzeug wie wir fahren, um zu einem Erfahrungsaustausch zusammen zukommen. Manfred hat auch sehr dazu beigetragen, dass ich motiviert weiter schreibe. Nach meinem Griechenland Blog hat er mir mitgeteilt, dass er nun auch nach Griechenland fahren will und sich einen Müllgreifer zulegen wird, wie ich einen habe, um dort Müll zu sammeln, wie ich es getan habe.

Straßenkunst aus Sibiu

Um jetzt die Kurve zu kriegen für den weiteren Routenverlauf kommt nun noch Wien ins Spiel. Dort arbeitet ein lieber Ex Kollege von mir. Er heißt Athi, ist Tonmeister und hat die Tonabteilung in Bremen geleitet. Nun ist er an der Staatsoper in Wien als Tonmeister und Abteilungsleiter beschäftigt. Den können wir ja auf dem Rückweg auch mal kurz besuchen.

Dann gibt es noch einen anderen lieben Kollegen aus meiner eigenen Abteilung, den Karl. Der ist vor einigen Jahren in den wohlverdienten Ruhestand gegangen und hat eine besonders große Lücke hinterlassen. Der lebt jetzt in Passau.

Jetzt kommt noch eine Gastspielreise mit dem Theater ins Spiel, die auch einen erheblichen Einfluss auf die Route nimmt. Ich war vor langer Zeit mit einer kleinen Oper, mit „RAOUL“ auf Tour in Szeged. Das war ein besonders einprägsames Erlebnis. Wir waren zu einem Festival in Ungarn eingeladen. Nun war es so, dass wir in einem sehr skurrilen und heruntergekommenen Hotel untergebracht wurden. Zu früheren Zeiten mag es wohl mal eine Klinik gewesen sein. Jedenfalls konnten wir durch die alten Hotelflure das Nebengebäude betreten und in dem alten, verlassenen Sanatorium umherlaufen. Das war abenteuerlich und unheimlich, denn die Arztzimmer waren zum Teil noch mit Mobiliar ausgestattet und man konnte sich vorstellen, wie die Patienten hier behandelt wurden. Da wir nun tagsüber viel gearbeitet haben und dann abends noch die Vorstellung war, blieb nicht viel Zeit diese Örtlichkeit zu untersuchen, außer in der Nacht, wenn wir ziemlich betrunken aus der Kneipe zurück kamen. Die Kneipe ist das nächste Stichwort. Wir Techniker waren auf der einen Seite vom Fluss, die Künstler waren auf der anderen Seite vom Fluss. Auf der Seite, wo auch das Theater war und das schicke Hotel, in dem sie wohnten. Wir liefen also jeden Tag über die Brücke zum Theater und dabei kamen wir an einer ziemlich abgefuckten Kneipe vorbei. Marianne von der Kostümabteilung, Mirko und ich sind dann also nach der Schicht immer in diese olle Spelunke rein um noch ein paar Bier zu trinken. So ist das auf Gastspiel halt, man kommt zusammen wie es sonst im regulären Betrieb selten möglich ist. Und diese Kneipe war echt speziell. Einer der Stammgäste dort tanzte mit Jogginghose auf der kleinen Tanzfläche oder vielleicht war es auch ein Schlafanzug. Das war damals keinesfalls modern, falls das jemand denken sollte. Naja, die Kneipe war dreckig, sie war rustikal und laut. Genau so wie ich es mag. Und jetzt, wo ich all das für mich so sortiere, ergibt sich die Route fast von alleine.

Wiener Staatsoper – Athis Arbeitsplatz

Nur eine Sache fehlt noch. Maddi hat mir geschrieben, das Ceski Krumlov in der Tschechei so toll sein soll und dass dort auch Hostel gedreht wurde. Jetzt ist wirklich alles klar. Wir fahren von Hermannstadt nach Szeged, dann kann ich Jutta mal die abgefuckte Kneipe zeigen. Danach fahren wir Athi in Wien besuchen und von dort geht es weiter nach Ceski Krumlov, um die Hostel Filmkulisse zu sehen. Von dort aus fahren wir durch Passau bei Karl vorbei und besuchen anschließend Helmut und Katrin auf ein Abendessen und bleiben über Nacht. Um die Etappe nach dem Besuch bei Katrin und Helmut in Ingolstadt nicht zu lang zu gestalten, wollen wir noch eine letzte Zwischenübernachtung in Leipzig machen, da wir diese Stadt sehr mögen.

Dann heißt es endgültig zurück ins WATERHOLE, um Weihnachten bei der Familie zu sein und die Vorbereitungen für den 2. Akt von unserem Abenteurer vorzubereiten.

Zunächst geht es jetzt weiter von Sibiu nach Szeged in Ungarn. Um unsere dürftigen Rumänieneindrücke noch ein wenig zu erweitern, nehmen wir nicht die Autobahn, sondern entscheiden uns für ein langsameres Vorankommen auf Landstraßen. So sehen wir doch noch einiges mehr von diesem schönen Land, auch wenn es nur im vorbeifahren ist.

Wir kommen bei regnerischem und kaltem Wetter in Szeged an und ich erkenne die Brücke gleich wieder, über die wir immer zum Theater auf die andere Flussseite gelaufen sind. Hier können wir auf einem großen Parkplatz umsonst stehen. „Die Kneipe müsste gleich da drüben sein.“, sage ich zu Jutta.

Ich mache es kurz, wir gehen rüber zu der Kneipe und sie ist nicht wiederzuerkennen.

Es wurde alles komplett neu renoviert und vom damaligen Charme ist nichts mehr übrig geblieben. Ein seelenloses Bistro ist daraus geworden und mehr gibt es dazu nicht zu sagen, außer dass ich meinem Kollegen Mirko ein paar Fotos schicke und ihn frage, ob er erraten kann, wo ich gerade bin. Ein paar Tipps habe ich ihm natürlich gegeben und er schickt mir ein anderes Bild zurück, von einer abgefuckten Disco, an der wir auch vorbei gelaufen sind, auf dem Weg zu unserer Schicht. Er wusste sofort, wo wir uns gerade befinden und konnte sich noch gut an unsere gemeinsame Gastspielreise erinnern.

Viel zu gepflegt für Jürgen

Fast überflüssig zu erwähnen, aber auch das alte Hotel wurde renoviert und ist nicht mehr wiederzuerkennen. Enttäuscht verlassen wir Szeged (naja, enttäuscht war eigentlich nur ich…), um Abends dann meinen alten Kumpel Athi in Wien zu besuchen.

Selbstverständlich habe ich uns angemeldet, allerdings hatte ich seine Telefonnummer nicht mehr. Ich habe meiner Kollegin Corinna eine Nachricht geschickt, ob sie denn noch Athis Kontaktdaten habe. Hatte sie nicht, allerdings hat sie Jack (einen anderen Tonkollegen) angeschrieben, der sich dann bei mir gemeldet hat. So kam es dann, dass wir einen schönen Abend in Wien verbracht haben, mit einem Bummel über den Weihnachtsmarkt und einem Besuch bei meinem Kollegen zu Hause.

Cesky Krumlov

Von Wien aus fahren wir nach Tschechien, nach Cesky Krumlov. Dort hat Jutta einen kostenpflichtigen Parkplatz rausgesucht, der aber sehr zentral an der Altstadt liegt. Es ist bereits dunkel als wir uns auf den Weg machen. Schnell sehen wir die alte Stadtmauer, die schön beleuchtet wird und ich erkenne auch direkt die Filmkulisse aus HOSTEL von Eli Roth. Wir durchschreiten das Tor, kommen über eine Brücke über die Moldau und befinden uns mitten in der Altstadt. Es sind kaum Menschen unterwegs, das macht es etwas unheimlich in den düsteren Gassen, besonders wenn man an den Film denkt. Im Film geht es darum, das perverse reiche Leute Gefallen daran finden andere Menschen zu quälen und zu foltern. In Bratislava (der Drehort ist eben zum Teil Cesky Krumlov) können sie gegen eine nicht unerhebliche Summe, auf einem alten Fabrikgelände ihre perversen Triebe ausleben.

Mehr wird nicht verraten. Der Film lohnt sich auf jeden Fall, wenn man etwas härtere Horrorfilmkost mag.

Wieder mal kaum Touristen, sehr schön!

Wir entdecken noch ein tolles, ganz kleines Museum „C. K. Kupecky Kram“, wo wir nicht umhinkommen diverse alte Blechschilder zu kaufen. Die sollen später unsere Garage von außen schmücken und unsere Sammlung erweitern. Etwas essen wollen wir auch noch und finden nach längerem Suchen ein landestypisches Restaurant, KRCMA Satlavske. Dort endet unser Abend in Cesky Krumlov.

Wir lieben Blechschilder!

Heute sind wir bei Katrin und Helmut in der Nähe von Ingolstadt zum Essen eingeladen und wir werden nach Monaten das erste Mal wieder in Deutschland sein.

Vorher aber wollen wir meinen Requisiteurkollegen Karl in Passau besuchen. Leider konnte ich ihn telefonisch nicht erreichen, aber da es fast auf dem Weg liegt, fahren wir einfach spontan vorbei. Die Adresse hatte ich natürlich auch nicht dabei, aber ich habe meine Kollegin Addi in der Requisite im Theater angerufen und sie konnte mir alle Daten geben, die ich brauchte. Ich klingele an seiner Türe und er öffnet, ein wenig verschlafen. Ich habe wohl seine Mittagsruhe gestört.

„Hallo Karl.“, sage ich, „kennst mich noch?“ Ich trage eine FFP 2 Maske.

„Jürgen, ja klar, was machst du denn hier?“

Wir kommen etwas ungelegen und unangemeldet, darum quatschen wir nur ein wenig, gucken uns einmal unser Reisemobil an und verschieben alles andere auf einen zukünftigen Besuch. Dann aber mit Anmeldung. Ich freue mich trotzdem sehr Karl mal wieder gesehen zu haben und ihm auch persönlich noch mal mitzuteilen, wie sehr er mir fehlt in der Abteilung.

Das wär was für dich, Maddi!

Etwas verspätet, kurz nach sechs Uhr, fahren wir dann bei Katrin und Helmut vor. Hier verbringen wir einen wunderbaren Abend in einer kleinen geselligen Runde. Der Nachbar der Beiden, der sich genauso ein Fahrzeug wie unseren LEMMY bestellt hat, war damit quasi der Auslöser für das Kennenlernen in Griechenland. Helmut hat uns ja nur wegen unserem LEMMY bei den Meteora Klöstern angesprochen. Und da der Nachbar ebenfalls meinen Blog liest, wollte er uns gerne kennenlernen und war später an diesem Abend mit dabei. Weil Helmut am nächsten Morgen einen wichtigen Termin hat und wir nach dem gemeinsamen Frühstück weiter wollen nach Leipzig, wird es auch nicht zu spät an diesem Abend.

Beim Frühstück wird genauso ungezwungen weitergequatscht, als würden wir uns schon lange kennen. Wir nehmen uns vor, das nächste Mal ein Treffen bei uns zu verabreden, wenn wir wieder zurück sind von unserer weiten Reise durch Nordamerika.

Mit Manfred und Achim klappt das Treffen leider nicht, dort in Nürnberg wollten wir eigentlich wenigstens auf einem Kaffee halt machen. Ursprünglich wären wir am Freitag bei Helmut und Katrin aufgelaufen, jetzt wurde es doch schon Donnerstag, weil wir keine zweite Nacht in Cesky Krumlov verbracht haben.

Ambiente top …
…Essen not, aber auch nicht schlecht!

Nun, einen Tag früher hatte Manfred einen Termin und das Treffen platzte leider und wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.

Mit Leipzig wird es auch nichts, denn das Coronavirus wütet wieder sehr im Osten und es gibt viele Einschränkungen was das öffentliche Leben angeht. Und eigentlich wollten wir dort entspannt bummeln, shoppen und einen schönen Abend verbringen…

Ich sage zu Jutta: „Scheiß drauf, dann fahren wir einfach durch ins WATERHOLE!“

…und was als nächstes geschieht….

Ein kurzes ZWISCHENSPIEL im WATERHOLE

  1. AKT

KANADA – CHAPTER I

Eine Expeditionsmobil Überseeverschiffung und wie wir verzweifelt versuchen doch noch irgendwie Halifax zu erreichen.

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